Zeitschrift
werk, bauen + wohnen 11-24
Wohnen / Essen
Wohnen / Essen ist das etwas generische und genauso diffuse Wortpaar, das wohl jede Architektin und jeder Architekt schon häufig in eine Grundrisszeichnung eingetragen hat. Der oftmals grösste und wichtigste Raum einer Wohnung ist einem menschlichen Grundbedürfnis gewidmet: der Nahrungsaufnahme. Damit verbunden ist aber weit mehr, als blossen Hunger zu stillen. Der Esstisch ist der Treffpunkt der Wohnung; hier werden Pläne geschmiedet, Geschichten erzählt, Freundschaften gefestigt; hier wird gespielt, gearbeitet, gestritten, gelacht. Etwas kochen, ein Glas Wein, sich gemeinsam an den Tisch setzen; bis spät in die Nacht über Gott und die Welt sinnieren, das ist kulturelle Praxis.
Aber nicht alle kochen gern. Und längst nicht alle kochen gern gemeinsam. Obwohl Genossenschaftshäuser hierzulande zu den vielpubliziertesten Architekturprojekten gehören und im Ausland regelmässig für Aufsehen sorgen, ist kollektives Wohnen längst nicht die Regel. Ein Blick auf die Website des Bundesamts für Statistik zeigt: Rund zwei Drittel der Haushalte in der Schweiz setzen sich aus einer oder zwei Personen zusammen. Die häufigste (und damit beliebteste?) Wohnform ist immer noch der Kleinhaushalt.
Obwohl fürs gemeinsame Wohnen vieles spricht. Räume zu teilen, macht das Wohnen günstiger und durch den reduzierten Flächenverbrauch pro Person auch ökologischer. Es kann gegen Einsamkeit helfen (unter welcher nicht nur Alte leiden) und die Care-Arbeit auf mehrere Schultern verteilen.
Seit dem letzten Heft über kollektives Wohnen (wbw 9 — 2022 Gemeinsam Bauen) sind unzählige aufregende Projekte in der Schweiz und im Ausland entstanden. Zeit für eine erneute Bilanz. Wie sehen die Räume heute aus, in denen Gemeinschaft stattfindet? Was macht dieses ominöse Wohnen / Essen aus? Eine Zutat, die sich in den Rezepten für erfolgreiches kollektives Wohnen immer wieder findet, ist die Gemeinschaftsküche. Sie ist Dreh und Angelpunkt von ganz unterschiedlichen Wohnkonstellationen. Und ein Blick in die Geschichte zeigt: Sie ist immer auch Abbild einer Gesellschaft und ihrer Rollenzuschreibungen.
Kantine statt Küche
Das LeNa-Haus in Basel von Baumann Lukas und Scheibler & Villard
Daniel Kurz, Boris Haberthür (Bilder)
Wie Eigentum Raum schenkt
Solidarisches Wohnhaus Le Bled von Tribu architecture in Lausanne
Paula Sansano, Michel Bonvin, Cedric Widmer (Bilder)
Gutbäuerlich
Ersatz eines Vielzweckbauernhauses von Bernath+Widmer in Dingenhart
Christoph Ramisch, Roland Bernath (Bilder)
Stadtgemüse
Ferme du Rail in Paris von Grand Huit
Julia Tournaire, Myr Muratet, Jérômine Derigny (Bilder)
Kochen ist politisch
Kleine Geschichte der Gemeinschaftsküche
Sabine Wolf
Zudem:
werk-notiz:
Die Medaille der Heinrich-Tessenow-Gesellschaft erhält 2024 die slowenische Architektin Maruša Zorec für ihre sensiblen Umbauten.
Debatte: Lausanne Jardins ist ein Ausstellungsformat für temporäre Gärten und Pflanzeninstallationen. Stéphane Collet stellt die Geschichte und Möglichkeiten der Veranstaltung vor und zeigt den Stellenwert von Grünräumen für das klimapositive Bauen.
Wettbewerb: Beim Schulhaus-Wettbewerb Brunnenhof in Zürich schlagen Studio Urbaite vor, die Turnhalle nicht einzugraben, und gewinnen. Um den Boden zu schonen, stapeln sie die Nutzungen vor dem einstigen Radiostudio, in dem zukünftig ebenfalls Schulraum unterkommt. Ducken vor dem Max-Bill-Bau kam nicht in Frage.
Ausstellungen: Die Villa Flora in Winterthur ist wieder offen. Jessen Vollenweider haben mit ihrem Umbau die Räume der Sammlung Hahnloser in die Zukunft geführt. Daneben empfehlen wir die Schau über das Büro Rotor im Bozar in Brüssel sowie über die Brüsseler Stadtentwicklung im Architekturmuseum Basel.
Bücher: Die ersten Ausgaben aus den 1970er Jahren der Zeitschrift Archithese sind Kult. Sie entführen ins Zeitalter der Postmoderne. Rezensentin Frida Grahn empfiehlt.
Filme: Die Redaktion schwärmt für zwei Filme: für Brunaupark, eine Hommage an die Zürcher Grosssiedlung, sowie Proof of the Pudding über die Umnutzungsmöglichkeiten eines Baus von Herman Hertzberger.
Junge Architektur Schweiz: Atelier Olga: Das Büro der beiden Lausanner Frauen hat Partizipationsprojekte im Fokus. Sie gleisen Prozesse auf und begleiten Aktionen und Beteiligte, zum Beispiel bei einer neuen Bespielung eines Stadtplatzes in Vevey.
Tal mit eigener Zeitrechnung: Das Atelier für den Künstler Jim Dine ist der jüngste Bau von Flury+Furrer auf dem Areal des Sitterwerks bei St. Gallen. Auch hier haben die Architekten gebrauchte Bauteile verwendet – aus arealeigenem Bestand. Gleichzeitig haben sie das verwachsene Badehaus repariert. Mutige dürfen nun einen beherzten Sprung in den revitalisierten alten Kanal wagen.
Unprogrammierter Raum: Erinnern Sie sich an die eingestürzte Textilfabrik in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, die 1135 Menschen unter sich begrub? Elf Jahre danach herrscht Aufbruchstimmung im Gerberviertel, schreibt Niklaus Graber. Exemplarisch stellt er eine umgebaute Fabrik von Atelier Robin vor. Sie zeigt, wie wenig tief ein Eingriff sein muss, damit er für eine neue Nutzung funktioniert.
werk-material: Zentrum Rheinauen in Diepoldsau von Knorr & Pürckhauer
werk-material: Alterszentrum Kloster Ingenbohl in Brunnen von Boltshauser Architekten
Aber nicht alle kochen gern. Und längst nicht alle kochen gern gemeinsam. Obwohl Genossenschaftshäuser hierzulande zu den vielpubliziertesten Architekturprojekten gehören und im Ausland regelmässig für Aufsehen sorgen, ist kollektives Wohnen längst nicht die Regel. Ein Blick auf die Website des Bundesamts für Statistik zeigt: Rund zwei Drittel der Haushalte in der Schweiz setzen sich aus einer oder zwei Personen zusammen. Die häufigste (und damit beliebteste?) Wohnform ist immer noch der Kleinhaushalt.
Obwohl fürs gemeinsame Wohnen vieles spricht. Räume zu teilen, macht das Wohnen günstiger und durch den reduzierten Flächenverbrauch pro Person auch ökologischer. Es kann gegen Einsamkeit helfen (unter welcher nicht nur Alte leiden) und die Care-Arbeit auf mehrere Schultern verteilen.
Seit dem letzten Heft über kollektives Wohnen (wbw 9 — 2022 Gemeinsam Bauen) sind unzählige aufregende Projekte in der Schweiz und im Ausland entstanden. Zeit für eine erneute Bilanz. Wie sehen die Räume heute aus, in denen Gemeinschaft stattfindet? Was macht dieses ominöse Wohnen / Essen aus? Eine Zutat, die sich in den Rezepten für erfolgreiches kollektives Wohnen immer wieder findet, ist die Gemeinschaftsküche. Sie ist Dreh und Angelpunkt von ganz unterschiedlichen Wohnkonstellationen. Und ein Blick in die Geschichte zeigt: Sie ist immer auch Abbild einer Gesellschaft und ihrer Rollenzuschreibungen.
Kantine statt Küche
Das LeNa-Haus in Basel von Baumann Lukas und Scheibler & Villard
Daniel Kurz, Boris Haberthür (Bilder)
Wie Eigentum Raum schenkt
Solidarisches Wohnhaus Le Bled von Tribu architecture in Lausanne
Paula Sansano, Michel Bonvin, Cedric Widmer (Bilder)
Gutbäuerlich
Ersatz eines Vielzweckbauernhauses von Bernath+Widmer in Dingenhart
Christoph Ramisch, Roland Bernath (Bilder)
Stadtgemüse
Ferme du Rail in Paris von Grand Huit
Julia Tournaire, Myr Muratet, Jérômine Derigny (Bilder)
Kochen ist politisch
Kleine Geschichte der Gemeinschaftsküche
Sabine Wolf
Zudem:
werk-notiz:
Die Medaille der Heinrich-Tessenow-Gesellschaft erhält 2024 die slowenische Architektin Maruša Zorec für ihre sensiblen Umbauten.
Debatte: Lausanne Jardins ist ein Ausstellungsformat für temporäre Gärten und Pflanzeninstallationen. Stéphane Collet stellt die Geschichte und Möglichkeiten der Veranstaltung vor und zeigt den Stellenwert von Grünräumen für das klimapositive Bauen.
Wettbewerb: Beim Schulhaus-Wettbewerb Brunnenhof in Zürich schlagen Studio Urbaite vor, die Turnhalle nicht einzugraben, und gewinnen. Um den Boden zu schonen, stapeln sie die Nutzungen vor dem einstigen Radiostudio, in dem zukünftig ebenfalls Schulraum unterkommt. Ducken vor dem Max-Bill-Bau kam nicht in Frage.
Ausstellungen: Die Villa Flora in Winterthur ist wieder offen. Jessen Vollenweider haben mit ihrem Umbau die Räume der Sammlung Hahnloser in die Zukunft geführt. Daneben empfehlen wir die Schau über das Büro Rotor im Bozar in Brüssel sowie über die Brüsseler Stadtentwicklung im Architekturmuseum Basel.
Bücher: Die ersten Ausgaben aus den 1970er Jahren der Zeitschrift Archithese sind Kult. Sie entführen ins Zeitalter der Postmoderne. Rezensentin Frida Grahn empfiehlt.
Filme: Die Redaktion schwärmt für zwei Filme: für Brunaupark, eine Hommage an die Zürcher Grosssiedlung, sowie Proof of the Pudding über die Umnutzungsmöglichkeiten eines Baus von Herman Hertzberger.
Junge Architektur Schweiz: Atelier Olga: Das Büro der beiden Lausanner Frauen hat Partizipationsprojekte im Fokus. Sie gleisen Prozesse auf und begleiten Aktionen und Beteiligte, zum Beispiel bei einer neuen Bespielung eines Stadtplatzes in Vevey.
Tal mit eigener Zeitrechnung: Das Atelier für den Künstler Jim Dine ist der jüngste Bau von Flury+Furrer auf dem Areal des Sitterwerks bei St. Gallen. Auch hier haben die Architekten gebrauchte Bauteile verwendet – aus arealeigenem Bestand. Gleichzeitig haben sie das verwachsene Badehaus repariert. Mutige dürfen nun einen beherzten Sprung in den revitalisierten alten Kanal wagen.
Unprogrammierter Raum: Erinnern Sie sich an die eingestürzte Textilfabrik in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, die 1135 Menschen unter sich begrub? Elf Jahre danach herrscht Aufbruchstimmung im Gerberviertel, schreibt Niklaus Graber. Exemplarisch stellt er eine umgebaute Fabrik von Atelier Robin vor. Sie zeigt, wie wenig tief ein Eingriff sein muss, damit er für eine neue Nutzung funktioniert.
werk-material: Zentrum Rheinauen in Diepoldsau von Knorr & Pürckhauer
werk-material: Alterszentrum Kloster Ingenbohl in Brunnen von Boltshauser Architekten