Zeitschrift

Steeldoc 01/06
Konstruktives Entwerfen
Steeldoc 01/06
zur Zeitschrift: Steeldoc
Herausgeber:in: Stahlbau Zentrum Schweiz

Konstruktives Entwerfen - Einführung

1. März 2006
Der Stahlbau war seit jeher eng mit der Ingenieur-Baukunst verbunden und hat so zu einer eigenen Architektur-Sprache gefunden. Wirft man einen Blick zurück auf die Architekturgeschichte, so kann man wohl mit Recht behaupten, der Stahlbau habe die Architektur revolutioniert. Kein anderes Baumaterial hat die Form von Bauwerken so radikal beeinflusst und der Tragstruktur zu reinerem Ausdruck verholfen. Die intelligente Reduktion auf das Wesentliche war die Prämisse der Moderne, welche in den 50er-Jahren mit dem amerikanischen Strukturalismus einen weiteren Höhepunkt fand. Grossbauten wie Markthallen, Bahnhöfe oder Warenhäuser waren eine neu aufgekommene Gebäudetypologie, für die der Stahlbau wie geschaffen war.

Während die Moderne und das Industrie-Zeitalter in der Architektur zu einer Typisierung der Bauformen führten, erwachte die Ingenieur-Baukunst mit neuen Konstruktionsund Tragwerksystemen zu einer eigenen Disziplin.

Heute steht der Stahlbau für High-tech, für den ökonomischen Umgang mit der Masse, für die intelligente Konstruktion und die Eleganz der Form. Mit dem Know-how des Ingenieurs ist der Stahlbau wesentlich enger verknüpft als die meisten anderen Bauweisen. Die Kraftverläufe bilden die Grundlage der Gestaltung im Stahlbau. Typische Ingenieur-Baukunst in Stahl besteht denn auch vornehmlich aus Brücken, Hallenbauten oder Dachkonstruktionen mit unschlagbaren Spannweiten oder komplexen Formen. Das Zusammenwirken von verschiedenen und neuen Materialien wie Glas, Kunststoff, Holz oder Beton zielt dabei auf die Optimierung der Materialeigenschaften ab. Ingenieure und Architekten lassen sich kaum auf die Verwendung eines bestimmten Materials beschränken, sondern sie suchen stets nach neuen Möglichkeiten in der Konstruktions- und Materialwahl. Das Zusammenführen beider Baudisziplinen ist für den Stahlbau von primärer Bedeutung. Die Virtuosität der unter Mitwirkung von Ingenieuren entworfenen Tragwerke zeigt sich an unzähligen Beispielen der jüngeren Baugeschichte.

Der Stahlbau ist wie der Holzbau eine Leichtbauweise mit ökonomischen und ökologischen Vorteilen. Beide haben hohe Anforderungen an den Brandschutz und die Dauerhaftigkeit des Materials zu erfüllen. Im Vergleich zum Holzbau hat der Stahlbau auch einige konstruktive Vorteile vorzuweisen, wie die leistungsfähigen Querschnitte und die Verbindungstechnik, die ihn für aussergewöhnliche Bauwerke grosser Dimension prädestinieren. Der Brandschutz ist im Stahlbau heute wesentlich einfacher handhabbar geworden als noch vor ein paar Jahren. Die neuen Brandschutzvorschriften erlauben ganzheitliche Brandschutzkonzepte, bei denen auch Sprinkleranlagen zum Zuge kommen. Brandschutzanstriche, welche im Brandfall aufschäumen und den Stahl vor Hitze schützen, sind heute ästhetisch überzeugend und finanzierbar, so dass Stahl auch in Innenräumen sichtbar bleiben kann.

Der Stahl gilt in weiten Planerkreisen immer noch als Baumaterial mit energieintensiver Produktion. Doch Baustahl wird heute in Europa zu 90 Prozent aus Recycling- Material gewonnen und mit elektrischer Energie verarbeitet, was ihn zu einem ressourcenschonenden Werkstoff erster Güte macht. So bemüht sich die Stahlbranche vermehrt um die Beweisführung in Sachen Umweltfreundlichkeit. Die Förderung des Recycling von Stahlbauteilen und Stahlschrott sowie deren Wiederverwertung mit Hilfe von kohlenstoffarmen, erneuerbaren Energieträgern ist einer der wichtigsten Gradmesser nachhaltiger Entwicklung in der Stahlherstellung.

Der Stahlbau erlaubt eine schnelle, effiziente Bauphase und hat durch seine flexible Nutzbarkeit eine lange Lebensdauer. Danach lässt er sich problemlos demontieren und recyclieren. Doch die wichtigste Komponente für die Nachhaltigkeit eines Bauwerkes ist seine gesellschaftliche Akzeptanz, das heisst, letztlich seine architektonische Qualität. Denn „ein Bau lebt solange, wie er geliebt wird“, sagte einmal der Architekt Jean Nouvel - und die Architekturgeschichte gibt ihm Recht.

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Für den Beitrag verantwortlich: Steeldoc

Ansprechpartner:in für diese Seite: Evelyn C. Frischinfo[at]szs.ch

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