Zeitschrift

Zuschnitt 13
Holz hebt ab
Zuschnitt 13
zur Zeitschrift: zuschnitt
Bäume wachsen in den Himmel. Das ist nicht unmittelbar der Grund dafür, dass Holz bestens geeignet ist, um als Baustoff in hohen Lagen eingesetzt zu werden, aber es funktioniert als Bild für uns, als Synonym für das Aufwärtsstreben, als etwas, das wir mit Freiheit verbinden trotz einer festen Verankerung im Boden. Dabei denken wir diesmal nicht an Almhütten, Bergstationen oder Schutzhäuser, sondern an Holz in den Höhenlagen unserer Städte. Dachböden haben sich von Dienstbotenzimmern über Räume zum Wäsche aufhängen zu städtischem Bauland gewandelt. Aber zugleich und noch immer verbinden wir mit der Höhe die Freiheit, die Anonymität, den Bereich, wo Gesetze außer Kraft treten.

Noch immer denken wir an Spitzwegs »Poeten«, an vergessene Briefe, an verborgene Schätze. Noch immer sind Dachböden Sehnsuchtsräume, in denen sich träumen lässt und die uns aus den Niederungen des Alltags emporheben. Zugleich sind Dachzonen ein enormes wirtschaftliches Potenzial der Städte. Dabei ist Holz wie kein anderer Baustoff dazu prädestiniert, dieses Potenzial zu nutzen: es ist leicht, kann in hohem Maß vorfabriziert und in Trockenbauweise verarbeitet werden, ist formal vielseitig, weich, duftend, haptisch wohltuend, schön. Trotzdem wird im urbanen Zusammenhang viel zu wenig an Holz als mögliches Baumaterial gedacht. Dafür mag das Bild der »festen Stadt aus Stein« ebenso verantwortlich sein wie die Erinnerung an verheerende Brandkatastrophen und die starke Assoziation von Holz mit ländlicher Architektur.


Aber wie gültig sind diese Bilder, wie gerechtfertigt diese Vorurteile? Die Stadt besteht nicht nur aus Stein. Sie besteht auch aus Glas, Beton, Ziegeln und ganzen Wäldern, die zu Stiegenhäusern, Tramdecken und Dachstühlen verarbeitet wurden. Jedes Haus kann brennen. Häuser aus Holz genauso wie alle anderen. In der Praxis stellen Brände in Holzgebäuden, welche nach den baurechtlichen Vorgaben errichtet wurden, keine größere Bedrohung für die Bewohner dar als in Bauwerken aus anderen Materialien.

Holz ist sicher ein geeigneter Baustoff für Architektur am Land. Bedeutet das, Holz sei ungeeignet für Architektur in der Stadt? Zu wenig Kühe und Felder? Zu viele Autos und Straßen? (Manchmal) zweifelhafte Holzarchitektur am Land sollte niemanden davon abhalten, gute Holzarchitektur in die Stadt zu bringen.

Mit diesem Zuschnitt machen Sie einen Spaziergang über städtische Dachlandschaften. Sie erfahren von den Möglichkeiten qualitativer Stadterweiterungen mit Holz, sehen gebaute Beispiele für die Bearbeitung von Dachzonen, lernen Studentenarbeiten kennen, die Impulse für Innovationen im Holzbau liefern und Ideen für die Besetzung des Sehnsuchtsraumes Dach jenseits von Vorgaben und Einschränkungen. Eva Guttmann

Zum Thema

Editorial
Eva Guttmann

Essay – Von der Beletage ins Penthouse
Text: Arno Ritter

Dachaufbauten aus Holz

Hoch hinaus
Text: Franziska Leeb

Tarnkappe – Dachaufbau, Graz
Architekten: Michael Georg Homann, Wolfgang Schmied

Draufgesetzt – Dachaufbau, Wien
Architekt: Heinz Lutter

Angelehnt – Dachbodenausbau, Stadtschlaining
Architekt: Tomm Fichtner

Aufgebügelt – Dachprojekt »FF50«, Innsbruck
Architekten: Christian A. Pichler, Ferdinand Reiter

Auf Besuch – »Loftcube«, Berlin
Architekt: Werner Aisslinger

Holz auf der Höhe

Städte ohne Helmpflicht
Text: Redaktion Zuschnitt

Statement
Text von Volker Giencke im Rahmen der Preisverleihung von »warpvision«

Von der Elastizität des Holzes
Diskussion zwischen den Preisträgern des »warpvisions«-Wettbewerbs, Kathrin Aste, Johannes Kaufmann und Wolfgang Pöschl
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