Zeitschrift

tec21 2006|31-32
Auf knappem Grund
tec21 2006|31-32
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Urbanisierung des EFH

Das Hämmern der Zeit ist dort, wo das Einfamilienhaus (EFH) zu Hause ist, besser zu hören als irgendwo sonst. Kein anderer Bautypus ist so direkt mit den Wunsch- und Zwangsvorstellungen seiner Benutzer verbunden. Das EFH ist der ideale Endpunkt globaler Verteilnetze: Wo sonst könnte man besser zeigen, was man besitzt?
Nüchtern betrachtet allerdings ist die Spanne zwischen Traumhaus und Albtraum klein. Geringe Verschiebungen im Gefüge der Wünsche und Zwänge genügen, um riesige Abgründe aus Angst, Missbrauch und Hass zu öffnen. Sind Glück oder Vermögen einmal ausgezogen, wird das EFH zur Falle. Kommt dazu, dass das EFH massgeblich zum Bauen als Umweltzerstörung beiträgt. Und dann sind da noch die sozialen Kosten. Trotz alledem ist das EFH der Traum von vielen geblieben. Es ist, als würden sie sich massenhaft in die falsche Richtung bewegen, unaufhaltbar, wider alle Vernunft, angezogen von kleinbürgerlichen Phantomwerten. Progressive Architekten beschäftigen sich deshalb nur selten mit solchen Gegenständen falscher Begierde. EFH sind für sie höchstens Manifeste ihrer gestalterischen Genialität. Im Übrigen sind sie aus humanitären Gründen gegen familiäre Isolationshaft und für soziale Integration.
Doch: Wie viel progressiv getarnte Demenz ist denn noch nötig, bis man erkennt, wer hier die Geisterfahrer sind? Wie lange noch soll das EFH gegenüber den Illusionen eines urbanen Lebens diskriminiert werden? Soziale Integration in der Stadt ist wie die Integration in einen Swingerclub: Alles ist zu haben, doch nichts ist für alle. Warum nicht die «falschen» Bedingungen mit einer «richtigen» Agenda versehen? Warum nicht das EFH zum Katalysator einer neuen Urbanität machen? Nach Schätzungen der UN-Kommis-sion für Siedlungsfragen werden ohnehin drei Viertel des weltweiten Bevölkerungszuwachses bis zum Jahre 2030 in so genannten «Desakotas» zu verzeichnen sein. Desakotas sind hybride Mischungen aus ländlichen (indonesisch: desa) und städtischen Elementen (indonesisch: kota), die eher horizontal verdichtet als vertikal geschichtet sind.

Es geht nun nicht nur darum, dass das EFH den neuen Bedingungen räumlicher Verdichtung angepasst werden muss. Das EFH war nie bloss «der physische Ausdruck der Lebensweise» (Amos Rapoport: «House Form and Culture», 1967, S.47). Man übersieht nur allzu leicht, wie sehr die Familie das Resultat ihrer materiellen Implementierung ist. Das Chalet suisse, die moderne Wohnmaschine, das suburbane Haus, der Bungalow, das wohl klimatisierte Haus sind keine Variationen eines gleich bleibenden Typs. Es sind Stationen im Werden eines Typs, der immer wieder neue Formen von Individualität, Geschlechterrollen und sozialer Integration von unten hervorgebracht hat. Immer folgt die Funktion der Form. Niemand weiss, wohin die Entwicklung führen wird. Aber das EFH ist eines der vielversprechendsten Produkte in der Pipeline der Architektur, um diese Entwicklung mitzugestalten.

Angenommen man baut ein EFH so kompakt, dass in ihm alle Aussen-, Arbeits-, Wohn- und Schlafräume enthalten sind. Man könnte so 450 m² und mehr Abstands- und Verlegenheitsgrün sparen. Zehn solche EFH genügen, um einen Fussballplatz, einen Kindergarten, ein Einkaufszentrum oder was auch immer zu realisieren. Dies wäre der Beginn, die Stadt von unten her neu zu schaffen. Hans Frei

Bauzonenhandel könnte Land schonen
Fritz Zollinger
Mit dem marktwirtschaftlichen Instrument handelbarer Flächenzertifikate und einer Plafonierung der Bauzonen könnte die Bodennutzung nachhaltiger werden. Ein Vorschlag der WSL beruht auf Freiwilligkeit und Anreizen und berücksichtigt so das Problem der politischen Machbarkeit.

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Die Unschuld des Einfamilienhauses
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Das Einfamilienhaus ist Realität. Polemik gegen das erfolgreichste
städtebauliche Modell des zwanzigsten Jahrhunderts ändert kaum etwas. Ein Forschungsprojekt blickt unvoreingenommen auf das Phänomen und will Strategien für nachhaltige Einfamilienhaussiedlungen finden.

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