Publikation
Basics
Architektonische Grundelemente und ihre Dynamik
ISBN: 3-211-83800-7
Publikationsdatum: 2005
Umfang: 207 S., Zahlreiche Abbildungen
Format: Broschur, 20 x 27,2 cm
Was ein Grundriss hergibt
Hätten Sie Lust, einmal mit anderen Augen durch eine Stadt zu gehen? Oder mit frischer Neugier durch ein Haus? Über Wege, sich dem Phänomen Architektur zu nähern.
10. Dezember 2006 - Walter Zschokke
Als kulturinteressierter Mensch möchte man vielleicht gern wissen, wie ein Zugang zur Architektur zu finden wäre, der tiefer in den Gegenstand einzudringen vermag und nicht an Oberflächlichkeiten kleben bleibt. Der über ein vordergründiges Geschmacksurteil: „gefällt - gefällt nicht“ hinausführen könnte, hin zu einem erkenntnisgestützten Zugang, der das Verstehen von Sachverhalten und Zusammenhängen fördert. Das ist mit geistiger Arbeit verbunden. Einer Arbeit allerdings, die nicht entfremdet ist und die gebaute Umwelt reichhaltiger und interessanter werden lässt, weil diese uns mehr und mehr zu sagen vermag.
Denn die Architektur, das sind die vielen Architekturen, von den frühesten Zeugnissen des Bauens bis herauf in unsere Zeit. Oft als parallele Strömungen in derselben Epoche, wie es sie als Ungleichzeitigkeiten, als regionale Eigenheiten oder schlicht zeitgleich immer gegeben hat. Dabei gilt es zu bedenken, dass manche Zeugnisse von Architekten der Propagierung der eigenen Werke dienten, dass „eingebettete“ Kritiker oft Parteimeinungen vertraten und dass spezifische Machtverhältnisse die Quellen trüben können. Erst eine von vielfältigen Verunreinigungen einigermaßen geklärte, sprich: quellenkritisch aufgearbeitete Architekturgeschichte vermag der Architektur als Ganzer zu nützen. Unterbleibt dies, setzen sich Missverständnisse und Fehlinterpretationen fort.
Beispielsweise ist es für Verfechter einer Weiterführung der Moderne unabdingbar, dass sie deren Kritiker von Adolf Behne über Josef Frank und Aldo van Eyck samt Team 10 und manche andere, bis zum Verschimmelungsmanifest von Friedrich Hundertwasser oder Rolf Kellers Buch „Bauen als Umweltzerstörung“ ernst nehmen. Denn nur was begründeter Kritik standhält, wird besser und dauerhaft gut.
Dabei soll nicht vergessen werden, dass weder Fliegerbomben noch Abbruchhämmer architektursensibel waren und sind, dass politische und wirtschaftliche Verhältnisse um vieles stärker sein können als architektonische Werte. Aber die Antwort eines Soziologieprofessors Anfang der 1970er-Jahre auf den Bildungswunsch, das Feld architektonischer Wirkungen zu ergründen, die da lautete: Architektonische Zeichen seien anderen deutlich nachgereiht, sodass eine Erhöhung des Raumes um einen Meter gegenüber dem Aufhängen eines Che-Guevara-Posters keine Chance hätte, lässt sich heute nicht mehr halten. Nicht wenige nach der Veränderung befragte junge Menschen von heute würden antworten: „Der Raum ist höher geworden; aber wer ist der Typ an der Wand?“ Dieses gewachsene Interesse an Architektur gilt es mit qualifizierten Inhalten zu bedienen und zu fördern.
Aber Wahrnehmung von Bauwerken erschöpft sich nicht in zweidimensionalen Ansichten, ob als Fotografien oder am Bildschirm, vielmehr verdichtet sie sich im bewussten wie gefühlsmäßigen Bewegen in einer realen räumlichen Struktur, die dank eines den Menschen gegebenen topologischen Gedächtnisses durch Erinnern und Wissen über das unmittelbar Sichtbare weit hinausreicht. Dabei sind Grundrisszeichnungen eine wichtige Stütze und Hilfe zum vertieften Verständnis. Zum einen liefern sie einen Überblick über die Verteilung der Funktionen und deren Beziehungen untereinander. Zum anderen geben sie jene Ordnungen wieder, die räumliche Strukturierungen, Zonierungen, Trennungen und spezielle Wirkungen erzeugen.
Grundrisszeichnungen sind Abstraktionen, aber sie geben das Konzept wieder und liefern ein Grundgerüst, in dem weitere Informationen über Materialien, Oberflächen, Licht und Beleuchtung dazugedacht und miteinander in Beziehung gebracht werden können. Darum ist es sinnvoll, wenn sich nicht nur Fachleute, sondern mit Bauen befasste Politiker sowie alle an Architektur Interessierten Grundrisse verstehen, damit sie sich nicht von platten Bildern blenden lassen. Denn auf einem Grundriss kann man sich gedanklich an jeden Punkt in einem Gebäude begeben und die räumliche Wirkung imaginieren. Ein Schaubild hingegen gibt nur einen einzigen Standpunkt vor. Das bedarf einiger Übung, und nicht jeder und jedem mag es gleich gut gelingen, ein Bauwerk vor dem inneren Auge erstehen zu lassen. Aber was geht schon ohne Üben?
Einen möglichen Einstieg - nicht bloß für die von ihr unterrichteten Studierenden - hat die Wiener Architektin und Professorin an der TU Stuttgart Franziska Ullmann verfasst: „Basics. Architektonische Grundelemente und ihre Dynamik“. Was anfänglich noch simpel scheinen mag, verdichtet sich zusehends zu einer Einführung in räumlich-architektonisches Erleben. Mit zahlreichen Bildbeispielen, gespeist von vielen Reisen, wird die umfangreiche persönliche Architekturerfahrung geordnet, verallgemeinert und nachvollziehbar gemacht. Zwar gibt es für die Architektur keine absolute oder eindeutige Lexik der Bedeutungen, weil die Elemente in ihrem Zusammenwirken und in Abhängigkeit der Bedeutungszuschreibung durch Nutzungen in ihrer Aussage variieren können. Für einen ersten, davon losgelösten, abstrakten Zugang zu räumlichen Wirkungen sind die „Basics“ jedoch äußerst hilfreich. Man spaziert hernach mit anderen Augen durch eine Stadt, bewegt sich mit frisch gewonnener Neugier in einem Gebäude.
Wenn man dann an einer der zahlreichen in und um Wien angebotenen Besichtigungen, Bauvisiten, Architouren und so weiter teilnimmt, geht man offener auf ein Bauwerk zu und vermag einer unverschleierten Erläuterung durch Fachleute besser zu folgen. Denn Vorsicht, nicht alle Architektenaussagen decken sich auch mit den architektonischen Sachverhalten, und in der Wortwahl sind sie oft kreativer als beim Projektieren. Aber was nicht konkret am oder im Bauwerk vorhanden ist, lässt sich nicht herbeireden. Darum ist es für sogenannte architektonische Laien nicht schlecht, wenn sie Pläne lesen und einer architekturbezogenen Sprache zu folgen vermögen, um sich eine eigenes „Bild“ zu machen.
[ Eine anschauliche Einführung in das räumlich-architektonische Erleben bietet Franziska Ullmanns jüngst bei Springer, Wien, erschienener Band „Basics. Architektonische Grundelemente und ihre Dynamik“ (208 S., brosch., € 39,90). ]
Denn die Architektur, das sind die vielen Architekturen, von den frühesten Zeugnissen des Bauens bis herauf in unsere Zeit. Oft als parallele Strömungen in derselben Epoche, wie es sie als Ungleichzeitigkeiten, als regionale Eigenheiten oder schlicht zeitgleich immer gegeben hat. Dabei gilt es zu bedenken, dass manche Zeugnisse von Architekten der Propagierung der eigenen Werke dienten, dass „eingebettete“ Kritiker oft Parteimeinungen vertraten und dass spezifische Machtverhältnisse die Quellen trüben können. Erst eine von vielfältigen Verunreinigungen einigermaßen geklärte, sprich: quellenkritisch aufgearbeitete Architekturgeschichte vermag der Architektur als Ganzer zu nützen. Unterbleibt dies, setzen sich Missverständnisse und Fehlinterpretationen fort.
Beispielsweise ist es für Verfechter einer Weiterführung der Moderne unabdingbar, dass sie deren Kritiker von Adolf Behne über Josef Frank und Aldo van Eyck samt Team 10 und manche andere, bis zum Verschimmelungsmanifest von Friedrich Hundertwasser oder Rolf Kellers Buch „Bauen als Umweltzerstörung“ ernst nehmen. Denn nur was begründeter Kritik standhält, wird besser und dauerhaft gut.
Dabei soll nicht vergessen werden, dass weder Fliegerbomben noch Abbruchhämmer architektursensibel waren und sind, dass politische und wirtschaftliche Verhältnisse um vieles stärker sein können als architektonische Werte. Aber die Antwort eines Soziologieprofessors Anfang der 1970er-Jahre auf den Bildungswunsch, das Feld architektonischer Wirkungen zu ergründen, die da lautete: Architektonische Zeichen seien anderen deutlich nachgereiht, sodass eine Erhöhung des Raumes um einen Meter gegenüber dem Aufhängen eines Che-Guevara-Posters keine Chance hätte, lässt sich heute nicht mehr halten. Nicht wenige nach der Veränderung befragte junge Menschen von heute würden antworten: „Der Raum ist höher geworden; aber wer ist der Typ an der Wand?“ Dieses gewachsene Interesse an Architektur gilt es mit qualifizierten Inhalten zu bedienen und zu fördern.
Aber Wahrnehmung von Bauwerken erschöpft sich nicht in zweidimensionalen Ansichten, ob als Fotografien oder am Bildschirm, vielmehr verdichtet sie sich im bewussten wie gefühlsmäßigen Bewegen in einer realen räumlichen Struktur, die dank eines den Menschen gegebenen topologischen Gedächtnisses durch Erinnern und Wissen über das unmittelbar Sichtbare weit hinausreicht. Dabei sind Grundrisszeichnungen eine wichtige Stütze und Hilfe zum vertieften Verständnis. Zum einen liefern sie einen Überblick über die Verteilung der Funktionen und deren Beziehungen untereinander. Zum anderen geben sie jene Ordnungen wieder, die räumliche Strukturierungen, Zonierungen, Trennungen und spezielle Wirkungen erzeugen.
Grundrisszeichnungen sind Abstraktionen, aber sie geben das Konzept wieder und liefern ein Grundgerüst, in dem weitere Informationen über Materialien, Oberflächen, Licht und Beleuchtung dazugedacht und miteinander in Beziehung gebracht werden können. Darum ist es sinnvoll, wenn sich nicht nur Fachleute, sondern mit Bauen befasste Politiker sowie alle an Architektur Interessierten Grundrisse verstehen, damit sie sich nicht von platten Bildern blenden lassen. Denn auf einem Grundriss kann man sich gedanklich an jeden Punkt in einem Gebäude begeben und die räumliche Wirkung imaginieren. Ein Schaubild hingegen gibt nur einen einzigen Standpunkt vor. Das bedarf einiger Übung, und nicht jeder und jedem mag es gleich gut gelingen, ein Bauwerk vor dem inneren Auge erstehen zu lassen. Aber was geht schon ohne Üben?
Einen möglichen Einstieg - nicht bloß für die von ihr unterrichteten Studierenden - hat die Wiener Architektin und Professorin an der TU Stuttgart Franziska Ullmann verfasst: „Basics. Architektonische Grundelemente und ihre Dynamik“. Was anfänglich noch simpel scheinen mag, verdichtet sich zusehends zu einer Einführung in räumlich-architektonisches Erleben. Mit zahlreichen Bildbeispielen, gespeist von vielen Reisen, wird die umfangreiche persönliche Architekturerfahrung geordnet, verallgemeinert und nachvollziehbar gemacht. Zwar gibt es für die Architektur keine absolute oder eindeutige Lexik der Bedeutungen, weil die Elemente in ihrem Zusammenwirken und in Abhängigkeit der Bedeutungszuschreibung durch Nutzungen in ihrer Aussage variieren können. Für einen ersten, davon losgelösten, abstrakten Zugang zu räumlichen Wirkungen sind die „Basics“ jedoch äußerst hilfreich. Man spaziert hernach mit anderen Augen durch eine Stadt, bewegt sich mit frisch gewonnener Neugier in einem Gebäude.
Wenn man dann an einer der zahlreichen in und um Wien angebotenen Besichtigungen, Bauvisiten, Architouren und so weiter teilnimmt, geht man offener auf ein Bauwerk zu und vermag einer unverschleierten Erläuterung durch Fachleute besser zu folgen. Denn Vorsicht, nicht alle Architektenaussagen decken sich auch mit den architektonischen Sachverhalten, und in der Wortwahl sind sie oft kreativer als beim Projektieren. Aber was nicht konkret am oder im Bauwerk vorhanden ist, lässt sich nicht herbeireden. Darum ist es für sogenannte architektonische Laien nicht schlecht, wenn sie Pläne lesen und einer architekturbezogenen Sprache zu folgen vermögen, um sich eine eigenes „Bild“ zu machen.
[ Eine anschauliche Einführung in das räumlich-architektonische Erleben bietet Franziska Ullmanns jüngst bei Springer, Wien, erschienener Band „Basics. Architektonische Grundelemente und ihre Dynamik“ (208 S., brosch., € 39,90). ]
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