Publikation

Auf Gebautem bauen/Costruire sul costruito
Im Dialog mit historischer Bausubstanz - Eine Recherche in Südtirol
Auf Gebautem bauen/Costruire sul costruito
Autor:in: Susanne Waiz
Verlag: Folio Verlag
ISBN: 3-85256-315-1
Sprache: deutsch/italienisch
Publikationsdatum: 2005
Umfang: 192 S., durchg. s/w und 4c-Abb.
Format: Hardcover, 21,5 x 28 cm

Architektur im Dialog

Ein Buch über das Bauen im Bestand in Südtirol

20. Mai 2006 - Jürgen Tietz
Südtirol erfährt als Architekturlandschaft derzeit viel Aufmerksamkeit. Eine Ergänzung zur Meraner Ausstellung «Neue Architektur in Südtirol», die den architektonischen «Aufbruch an Etsch und Eisach» (NZZ 17. 2. 06) thematisiert, stellt das Buch «Auf gebautem Bauen» dar, das die Architektin Susanne Waiz herausgegeben hat. Statt auf reine Neubauten lenkt sie die Aufmerksamkeit auf das Bauen im Bestand. Ein heikles Thema, schliesslich tun sich viele Architekten noch immer schwer im Umgang mit vorhandener Bausubstanz. Daher ist der Titel des Buches ganz programmatisch zu verstehen: Waiz geht es - zusammen mit den vier weiteren Südtiroler Architekten, die die 19 vorgestellten Projekte ausgewählt haben - gleichermassen um einen «bewussten Umgang mit dem Bestand» wie auch um ein selbstbewusstes Weiterbauen. Reine Restaurierungen fanden daher ebenso wenig Berücksichtigung wie Ergänzungen, die den Bestand weitgehend unberührt lassen. Damit fehlen im Buch die beiden interessantesten neuen Architekturen in Südtirol: die Erweiterung der alten Pfarrkirche in Leifers von Höllner & Klotzner und die neuen Kellereianlagen des historischen Weinguts Manincor beim Kalterersee von Walter Angonese, Silvia Boday und Rainer Köberl.

Sehr deutlich stellt Waiz in der Einführung ihres Buches fest, dass Architektur und Denkmalpflege «zwei Disziplinen sind, die sich heute oft verständnislos gegenüberstehen», ja mitunter sogar «gegeneinander arbeiten». Doch mit ihrer Veröffentlichung zeigt sie Lösungsansätze zu diesem Dilemma auf. Nach den drei Kapiteln Burg, Dorf und Stadt gegliedert werden die Projekte vorgestellt. Für die Anschaulichkeit sorgen neben kurzen einführenden Texten in Deutsch und Italienisch die vorzüglichen Abbildungen, ergänzt um die notwendigen Grundrisse und Schnitte. Das Ergebnis ist ein ästhetisch reizvolles Architekturbuch, das Lust darauf macht, sich den Gebäuden anzunähern.

Besonders wohltuend ist es, dass sich die meisten der vorgestellten Arbeiten weder im lärmenden Rekonstruktionseinerlei ergehen noch dass sie sich in Radikalkontrasten zwischen Alt und Neu verlieren. Schliesslich ist laut Waiz «die grosse architektonische Geste gerade im Umgang mit historischer Bausubstanz fragwürdig». Stattdessen werden Bauten vorgestellt, die angenehm leise Töne anschlagen und so die grossartige Kulturlandschaft Südtirols weiterbauen. Das gilt für die Umgestaltung von Schloss Tirol über Meran zum Landesmuseum durch Walter Angonese, Markus Scherer und Klaus Hellweger ebenso wie für die Restaurierung des Hotels «zum Grünen Baum» in Glurns durch Andreas Flora und Christian Kapeller oder des Gasthauses «zur Krone» in Laas durch Walter Dietl und Jörg Hofer. Alt und Neu geben sich in schöner Selbstverständlichkeit die Hand.

Gerade auf dem Land ist es besonders schwierig, aus der Nutzung gefallene Bauten langfristig zu erhalten, ohne sie durch eine Umnutzung ihrer Denkmaleigenschaft zu berauben. Sowohl beim Haus Tasser in Steinhaus, einem von Mutschlechner & Mahlknecht zum Ferienhaus umgewidmeten ehemaligen Stall, ist dies gelungen als auch beim Haus Knoll in Galsaun von Werner Tscholl, das einst als Speicher diente. Die Herausgeberin Susanne Waiz selbst hat in Steinhaus mit den beiden Architekten Walter Angonese und Markus Scherer in einem einstigen Speichergebäude das «Bergbaumuseum im Kornkasten» verwirklicht. Auch hier gehen der behutsam behandelte Bestand und die notwendige zeitgenössische Nutzungsschicht in sympathisch respektvollem Gleichklang und auf gleicher architektonischer Augenhöhe miteinander einher.

[ Susanne Waiz: Auf gebautem Bauen. Im Dialog mit historischer Bausubstanz. Eine Recherche in Südtirol. Folio-Verlag, Bozen und Wien 2005. 190 S., Fr. 62.10. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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