Publikation

Bauhaus Dessau
Architektur - Gestaltung - Idee
Bauhaus Dessau
Herausgeber:in: Kirsten Baumann
Verlag: JOVIS
ISBN: 3-939633-11-9
Sprache: deutsch/englisch
Publikationsdatum: 2007
Umfang: 144 S., mit 50 farbigen und 100 s/w Abbildungen
Format: Hardcover, 21 x 27,5 cm

Lebendige Moderne

Die neue Dauerausstellung im Bauhaus Dessau

16. Mai 2007 - Jürgen Tietz
Das Bauhaus Dessau bleibt in Bewegung: Ein halbes Jahr nach Abschluss seiner aufwendigen Restaurierung eröffnete nun die neue Dauerausstellung. Damit können sich die jährlich rund 80 000 Besucher der Welterbestätte künftig nicht nur einen Eindruck von dem 1926 eingeweihten Bauhausgebäude machen. Sie erhalten zudem einen Einblick in die Arbeit der Bauhausmeister und ihrer Studenten.

Und vielleicht gerät die Stiftung Bauhaus Dessau nach Wochen des medialen Blätterrauschens nun auch wieder in ruhigeres Fahrwasser. Hatte doch der ehemalige Leiter der Herzog-August- Bibliothek in Wolfenbüttel, Paul Raabe, im «Blaubuch» über die «kulturellen Leuchttürme» in Ostdeutschland, das im Auftrag der Bundesregierung erscheint, ungewöhnlich scharfe Kritik am Bauhaus geübt: «Den politisch massgeblichen Akteuren ist die Ikone ‹Bauhaus› für die aktuelle Bedeutung Deutschlands in der Welt zu wenig bewusst», heisst es dort. Zudem plädiert Raabe dafür, das kriegszerstörte Meisterhaus von Walter Gropius zu rekonstruieren. Eine Empfehlung, mit der sich Raabe über sämtliche Grundlagen denkmalpflegerischen Handelns hinwegsetzt.

Die Diskussion über das Meisterhaus bleibt dem Bauhaus erhalten - die neue Dauerausstellung selbst wird von den gegenwärtigen Störfeuern jedoch nicht beeinflusst. Kuratiert von Kirsten Baumann, legt sie den Schwerpunkt auf die Dessauer Jahre des Bauhauses und ergänzt so das Bild der beiden anderen deutschen Bauhaus- Zentren und -Sammlungen in Weimar und Berlin.

Eine Zeitleiste der Jahre 1918 bis 1933 führt einen in die kulturelle und politische Situation der Weimarer Republik ein, ehe man zu den Bauhaus-Originalen vordringt. Diese sind aus konservatorischen Gründen in einer «Black Box» in der ehemaligen Tischlerei des Werkstattflügels ausgestellt, der ja eigentlich durch seine gläserne Transparenz besticht. Doch das Bauhaus ist eben nicht als Museum errichtet worden, sondern als Schul- und Werkstattgebäude. Zugleich muss man sich in Dessau mit einer zweiten Sondersituation abfinden: Die eigene Sammlung, die heute rund 22 000 Objekte umfasst, wird erst seit 1976 aufgebaut. So lange dauerte es, bis die abstrakte Moderne des Bauhauses in der DDR akzeptiert war. Entsprechend dem späten Sammlungsbeginn liegt der Schwerpunkt der Exponate auf Arbeiten von Bauhaus-Schülern, die in der DDR gearbeitet haben. Zu ihnen zählte Marianne Brandt, die sich als Designerin von Lampen ebenso einen Namen gemacht hat wie durch ihre wunderbaren Fotografien und Collagen. Grete Reichardt fertigte in der Weberei Teppiche mit abstrakten Mustern. Zugleich stammen von ihr eine Holz-Steckpuppe und ein reizender Holzhampelmann aus geometrischen Formen, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind.

Es ist diese befruchtende Vielfalt im künstlerischen Schaffen, die bis heute die Faszination Bauhaus mit ausmacht. Dementsprechend gliedert die Ausstellung die Arbeit am Bauhaus nicht nach einzelnen Werkstätten auf, sondern legt den Schwerpunkt auf die Zusammenschau der fachübergreifenden Ausbildung. Und natürlich werden auch die drei Bauhaus-Direktoren und ihre Werke gezeigt: Walter Gropius, der Basler Hannes Mayer und Ludwig Mies van der Rohe. Zu den Highlights der Dessauer Sammlung aber gehört eine Meistermappe von 1923 - also noch aus der von 1919 bis 1925 währenden Weimarer Bauhaus- Zeit - mit grafischen Arbeiten der Bauhausmeister, darunter Blätter von Paul Klee, Lyonel Feininger, Oskar Schlemmer und Josef Albers.

Etliche der ausgestellten Objekte gehören längst zum kollektiven Bauhaus-Gedächtnis. Doch im Anblick der Originale wirkt ihr Bann stets aufs Neue. So vermittelt Lucia Moholys Porträtfoto von Nina Kandinsky eine geradezu atemberaubende Lebensnähe und Unmittelbarkeit. Zugleich wird darin deutlich, wie sehr das Bauhaus die ästhetische Wahrnehmung verändert und geprägt hat. Für Omar Akbar, Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, bedeutet die Eröffnung der Dauerausstellung allerdings nur einen Zwischenschritt. Sein Ziel ist es, auch das Sockelgeschoss des Werkstattflügels künftig für Ausstellungen zu nutzen, in dem sich derzeit das Archiv der Sammlung befindet. Mit dieser Umnutzung würde das Bauhaus Dessau wieder über einen dringend benötigten Raum für Wechselausstellungen verfügen. Und vielleicht liegt bis dahin auch ein eigener Katalog zur Dauerausstellung vor. Er könnte dann den jüngst erschienenen Fotoband über das Bauhaus nach seiner Sanierung, das immer das Hauptexponat bleiben wird, ergänzen.

[ Kirsten Baumann: Bauhaus Dessau. Architektur. Gestaltung. Idee. Jovis-Verlag, Berlin 2007. 144 S., Fr. 42.50. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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