Publikation
Architektur der Erinnerung
Die Denkmäler des Bogdan Bogdanović
ISBN: 978-3-7025-0606-3
Publikationsdatum: 2008
Umfang: 125 min
Format: DVD,
Träume über Städte
Im Buch „Die Grüne Schachtel“ führt Bogdan Bogdanovic durch seine Metaphysik, und das ist unverkennbar die eines Architekten
25. August 2007 - Ute Woltron
Ein Zitat: „Architektur der Schatten als ehemalige Schönheit der Welt. Architektur als nostalgische Vergänglichkeit der Schönheit. Wem und warum habe ich so heiß ewige Liebe geschworen? Der Architektur oder den Erbauern von Illusionen, den Erbauern künftiger, erst noch zu werdender Schatten?“
Bogdan Bogdanovic hat in den dunkelsten Stunden Belgrads - verbarrikadiert in seiner Wohnung und von Slobodan Milosevics Schergen verfolgt - Träume und Gedankenfetzen eingefangen, auf Zettel geschrieben und in eine leere Waschpulverschachtel gesteckt. Eine mit grüner Tapete beklebte Box mit Schlitz. Ein Eingang, kein Ausgang. Die Fenster der Wohnung - mit Büchern zu Wänden gemacht. Kein Einblick von außen, feine Sehschlitze von innen: „Mein Beobachtungsposten in der Bibliothek, ein enger Spalt zwischen den in den Fenstern aufgetürmten Büchern.“
Vergangene Woche feierte der Architekt, Urbanist und ehemalige Bürgermeister Belgrads seinen 85. Geburtstag. 1993 war er nach Wien ins Exil gegangen, hier hatte er viel später diese Box endgültig geöffnet, ihren Inhalt befreit, nochmals studiert. Vielleicht wie Pandora, die ihre Büchse ein zweites Mal aufmachen musste, damit auch die darin eingesperrte Hoffnung in die Welt kommen konnte.
„Die grüne Schachtel. Das Buch der Träume“ ist bei Zsolnay erschienen. Es führt seine Leser in Höhen und Tiefen, in Himmel und Höllen der persönlichen, verschachtelten Metaphysik Bogdanovics. Es ist kein Buch über Architektur, doch die Architektur der Städte, der Gedanken und der Ahnungen ist der Baustoff, aus dem dieses wunderbare Buch gemacht ist.
Ein Zitat aus einer Zeit der Wirklichkeit, als Bogdanovic noch als Bürgermeister mit den Mitteln der Architektur Belgrad und damit einen Teil der Welt verbessern wollte: „Ich initiierte und kontrollierte die ersten Vorbereitungen für einen neuen urbanistischen Generalplan. Belgrad hatte bereits mehr als eine Million Einwohner und fühlte sich im Rahmen des veralteten Plans unwohl wie ein schon großer Bengel in Kinderkleidung. Der Zustand der urbanistischen Praxis erforderte neue Leute und neue Ideen. (...) Etwas habe ich nicht gewusst, was ich aber hätte wissen können, oder ich habe es irgendwann gewusst und später aus dem Blick verloren, nämlich die eine einfache Wahrheit, dass Städte nicht in dichterischen Spielen erbaut werden, sondern in den brutalen Kämpfen und Kriegen der verborgenen Kräfte und Interessen, die sie in Gang setzen.“
Das Resultat eines internationalen Wettbewerbs war viel versprechend. Aber er „enthüllte mir etwas, was ich schon lange geahnt hatte, und zwar, dass es in unserer verrückten Welt viele inspirierte Architekten gibt, die, besonders in unreifen Gesellschaften, Geiseln unsichtbarer Clans sind“. Denn: „Schon bald wurde deutlich, dass die Obstruktionen mächtiger Interessengruppen die schönen Ideen nur in eine weitere tragische Geschichte von einem nicht erbauten oder vielleicht nicht erbaubaren Turm verwandeln würden.“
Mythos und Dichtung erzählen diese Geschichte seit ewigen Zeiten. „Was der Baumeister am Tag hat erbaut, das zerstörten die Feen in der Nacht ...“ Bogdanovic kramt in der serbischen Volksdichtung, er erzählt von der „Verdammnis unglückseliger Erbauer, über die verdammten Meister unvollendeter und nicht zu vollendender wunderschöner Gebäude“. Denn: „Wir alle sind in hohem Maße auf metaphysische Art vom Bauen - um des Bauens willen und leider auch von der Zerstörung um der Zerstörung willen - besessen.“
„Träume über Städte und Städte in Träumen. Das eine oder das andere? Manchmal eine kaum merkliche Möglichkeit der Abgrenzung.“ In seiner „Dorfschule für Philosophie der Architektur“ hatte Bogdanovic 1982 gemeinsam mit Studenten und Dorfleuten einen Turm aus Gerümpel und altem Mobiliar aufgetürmt. „Als wir das nicht erbaubare Bauwerk einigermaßen zusammengebastelt hatten, verbrannten wir es an diesem schönen Aprilabend und entledigten uns so des stümperhaften Werks auf die einfachste Art.“ Und den Bauern war die Asche, die davon übrig blieb, für die Frühjahrsdüngung ihrer Äcker willkommen.
[ Bogdan Bogdanovic: Die grüne Schachtel. Buch der Träume
Zsolnay Verlag, Wien 2007, 331 Seiten, 23,50 EUR ]
Bogdan Bogdanovic hat in den dunkelsten Stunden Belgrads - verbarrikadiert in seiner Wohnung und von Slobodan Milosevics Schergen verfolgt - Träume und Gedankenfetzen eingefangen, auf Zettel geschrieben und in eine leere Waschpulverschachtel gesteckt. Eine mit grüner Tapete beklebte Box mit Schlitz. Ein Eingang, kein Ausgang. Die Fenster der Wohnung - mit Büchern zu Wänden gemacht. Kein Einblick von außen, feine Sehschlitze von innen: „Mein Beobachtungsposten in der Bibliothek, ein enger Spalt zwischen den in den Fenstern aufgetürmten Büchern.“
Vergangene Woche feierte der Architekt, Urbanist und ehemalige Bürgermeister Belgrads seinen 85. Geburtstag. 1993 war er nach Wien ins Exil gegangen, hier hatte er viel später diese Box endgültig geöffnet, ihren Inhalt befreit, nochmals studiert. Vielleicht wie Pandora, die ihre Büchse ein zweites Mal aufmachen musste, damit auch die darin eingesperrte Hoffnung in die Welt kommen konnte.
„Die grüne Schachtel. Das Buch der Träume“ ist bei Zsolnay erschienen. Es führt seine Leser in Höhen und Tiefen, in Himmel und Höllen der persönlichen, verschachtelten Metaphysik Bogdanovics. Es ist kein Buch über Architektur, doch die Architektur der Städte, der Gedanken und der Ahnungen ist der Baustoff, aus dem dieses wunderbare Buch gemacht ist.
Ein Zitat aus einer Zeit der Wirklichkeit, als Bogdanovic noch als Bürgermeister mit den Mitteln der Architektur Belgrad und damit einen Teil der Welt verbessern wollte: „Ich initiierte und kontrollierte die ersten Vorbereitungen für einen neuen urbanistischen Generalplan. Belgrad hatte bereits mehr als eine Million Einwohner und fühlte sich im Rahmen des veralteten Plans unwohl wie ein schon großer Bengel in Kinderkleidung. Der Zustand der urbanistischen Praxis erforderte neue Leute und neue Ideen. (...) Etwas habe ich nicht gewusst, was ich aber hätte wissen können, oder ich habe es irgendwann gewusst und später aus dem Blick verloren, nämlich die eine einfache Wahrheit, dass Städte nicht in dichterischen Spielen erbaut werden, sondern in den brutalen Kämpfen und Kriegen der verborgenen Kräfte und Interessen, die sie in Gang setzen.“
Das Resultat eines internationalen Wettbewerbs war viel versprechend. Aber er „enthüllte mir etwas, was ich schon lange geahnt hatte, und zwar, dass es in unserer verrückten Welt viele inspirierte Architekten gibt, die, besonders in unreifen Gesellschaften, Geiseln unsichtbarer Clans sind“. Denn: „Schon bald wurde deutlich, dass die Obstruktionen mächtiger Interessengruppen die schönen Ideen nur in eine weitere tragische Geschichte von einem nicht erbauten oder vielleicht nicht erbaubaren Turm verwandeln würden.“
Mythos und Dichtung erzählen diese Geschichte seit ewigen Zeiten. „Was der Baumeister am Tag hat erbaut, das zerstörten die Feen in der Nacht ...“ Bogdanovic kramt in der serbischen Volksdichtung, er erzählt von der „Verdammnis unglückseliger Erbauer, über die verdammten Meister unvollendeter und nicht zu vollendender wunderschöner Gebäude“. Denn: „Wir alle sind in hohem Maße auf metaphysische Art vom Bauen - um des Bauens willen und leider auch von der Zerstörung um der Zerstörung willen - besessen.“
„Träume über Städte und Städte in Träumen. Das eine oder das andere? Manchmal eine kaum merkliche Möglichkeit der Abgrenzung.“ In seiner „Dorfschule für Philosophie der Architektur“ hatte Bogdanovic 1982 gemeinsam mit Studenten und Dorfleuten einen Turm aus Gerümpel und altem Mobiliar aufgetürmt. „Als wir das nicht erbaubare Bauwerk einigermaßen zusammengebastelt hatten, verbrannten wir es an diesem schönen Aprilabend und entledigten uns so des stümperhaften Werks auf die einfachste Art.“ Und den Bauern war die Asche, die davon übrig blieb, für die Frühjahrsdüngung ihrer Äcker willkommen.
[ Bogdan Bogdanovic: Die grüne Schachtel. Buch der Träume
Zsolnay Verlag, Wien 2007, 331 Seiten, 23,50 EUR ]
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