Publikation
Wie entwirft man einen Architekten?
Porträts von Aalto bis Zumthor
ISBN: 978-3-906027-94-4
Sprache: deutsch
Publikationsdatum: 2015
Umfang: 312 Seiten, 40 sw Abbildungen
Format: Broschur, 16.5 x 23.5 cm
Werk im Bild
Friedrich Achleitners Architektenporträts aus sechs Jahrzehnten und ein Standardwerk zur Architekturfotografie: zwei Buchempfehlungen.
14. November 2015 - Franziska Leeb
Man solle keinen Architekten entwerfen. Die ersten Striche würden schon an der Entwurfsmethode scheitern, sodie Conclusio Friedrich Achleitners am Ende des Porträts von Boris Podrecca, das zugleich eine brillante Reflexion über die Schwierigkeit ist, mit Sprache einen Menschen einem anderen zu vermitteln. „Wie entwirft man einen Architekten?“ ist auch die Textsammlung betitelt, die die Herausgeberinnen Eva Guttmann, Gabriele Kaiser und Claudia Mazanek kürzlich vorstellten. Aus rund 500 von Achleitner aus verschiedenen Anlässen verfassten Ausstellungsrezensionen, Eröffnungsreden, Laudationes, Katalogbeiträgen oder Nachrufen wählten sie 86 „Porträts von Aalto bis Zumthor“, viele davon bislang nie gedruckt veröffentlicht, mittlerweile vergriffen oder schwer zugänglich. Wie der Untertitel ankündigt, sind die zwischen 1963 und 2011 entstandenen Beiträge alphabetisch gereiht. Es finden sich alte Unbekannte, Überraschungskandidaten, Männer und Frauen, Alte und Junge – wobei aus heutiger Sicht manch alter Herr zum Zeitpunkt der Achleitner'schen Befassung mit ihm ein Jungspund war.
Es ist eigentlich kein Architekturbuch, eher eine Abfolge von Prosaminiaturen – von scheinbar leichter Hand souverän hingeworfenen verbalen Bildnissen. In Wirklichkeit ging dieser Leichtigkeit der Texte mit großer Sicherheit nicht nur eine eingehende Befassung mit den jeweils Porträtierten voran, sondern auch qualvolles und sorgfältiges Abwägen des Gesagten und Geschriebenen. Denn selbst bei intimer Kenntnis der Porträtierten sind Achleitners Texte nie distanzlos, nie anbiedernd, nie unterwürfig, nie selbstgefällig.
Die Auswahl haben sich die Herausgeberinnen nicht leicht gemacht. Sie sollten einerseits durch die Spanne ihrer Entstehungszeit Achleitners Entwicklung und die damit verbundenen Interessen und Beziehungen abbilden, quasi so etwas wie eine indirekte Biografie von Friedrich Achleitner sein, erklärt Eva Guttmann. Etliche stammen aus Friedrich Achleitners frühen Jahren als Architekturkritiker für die „Presse“. Man könnte vorschnell hinterfragen, wen heute noch Texte über Antonio Gaudí oder Eileen Gray interessieren, deren Werke längst Eingang in den Bildungskanon gefunden haben. Wenn aber Achleitner im Jahr 1970 feststellt, dass die Architektin, deren Tisch E 1027 seit Jahrzehnten in jedem populären Einrichtungsmagazin zu sehen ist, „bis vor Kurzem in Wiener Architektenkreisen nicht einmal ein Geheimtipp“ gewesen sei, werden auch Texte über heute Berühmte zu wichtigen Dokumenten der jeweils zeitgenössischen Architekturrezeption. Besonders erfreulich ist es, Würdigungen von auch heute noch nur in Fachkreisen bekannten Persönlichkeiten zu finden, wie jene zum 70. Geburtstag des Bau- und Siedlungsforschers Adalbert Klaar (1900– 1981), dessen Bauaufnahmen und Baualterpläne österreichischer Dörfer und Städtenicht nur Architekturgeschichte dokumentieren, sondern auch eine wichtige Grundlage für die denkmalpflegerische Praxis sind.
Unglaublich inspirierend und erkenntnisfördernd ist diese Zusammenstellung, deren Aufmachung (Buchgestaltung: Peter Duniecki) ebenso unprätentiös und griffig ist wieAchleitners Architektenentwürfe. Ein großartiges Lesebuch und ein wertvoller Beitrag zur österreichischen Architekturgeschichtsschreibung!
In die Architekturgeschichte geht nur ein, was beschrieben, dokumentiert und – seit dem 19. Jahrhundert – fotografiert wurde. Während das Geschriebene Gefahr läuft,nicht gelesen zu werden, kann man sich dem Bild schwer entziehen. Die Vermittlung von Architektur über Bilder ist nicht dasselbe wie das Erleben des Originals oder eine gut reflektierte Architekturkritik. Aber wie sehr architektonische Handschriften undikonische Gebäude in unseren Köpfen präsent sind, hängt in erster Linie mit deren fotografischer Dokumentation zusammen. Um den „professionellen Umgang mit dem Medium Architekturbild zu verbessern“ und zur „allgemeinen Sensibilisierung für den kulturellen und ideellen Wert der Architekturfotografie“ beizutragen, haben sich vor zwölf Jahren österreichische Architekturfotografinnen und -fotografen zur IG Architekturfotografie zusammengeschlossen. Schon allein dieses gemeinsame Auftreten hat viel dazu beigetragen, Bewusstsein für den Wert ihrer Arbeit zu schaffen. Mit einem Buch, herausgegeben von der Kulturtheoretikerin Angelika Fitz und der Buchgestalterin Gabriele Lenz, hat die Szene nun ein Statement gesetzt, das weit mehr als eine Leistungsschau mit schönen Architekturbildern ist. „Vom Nutzen der Architekturfotografie“ lautet sein Titel, und diesen Nutzen bildet das Buch in vielfacher Hinsicht ab.
Dabei geht es aber nicht allein darum, wie die Architekturfotografie der Architektur in einem dokumentarischen und propagandistischen Sinne dienlich ist, was sie zweifelsohne ist. Mit der medialen Verbreitung steigt nicht nur der Wert des Gebäudes, sondern auch der Ruf derer, die es geplant haben. In den meisten Fällen ist Architekturfotografie Auftragsarbeit. Architekten brauchen die Bilder für ihre Portfolios, sie dienen der Akquise, und ohne eine Serie guter Fotografien ist die Publikation eines Bauwerks in Fachmagazinen heute undenkbar. Dennoch sind die Fotografen nicht bloße Erfüllungsgehilfen. Ihr Blick ist auch ein interpretierender und kritisierender. Oft erzählen die Hintausansicht eines Gebäudes oder ein Detail mehr über sein Wesen als die Cover-taugliche Totale der Fassadenfront. Das Bild einer Seilbahnstation aus Perspektive des Skitouristen, der sich in der Gondel der Bergstation nähert, zeigt zwar den praktischen Nutzen der Bergstation für den Skibetrieb. Jenes Bild, bei dem bloß ein Stück Gebäudehülle hinter einer schroffen Felsformation hervorblitzt, inspiriert aber viel mehr zu Reflexionen über die Konditionen des Bauens in hochalpinen Gefilden.
Welche Rolle spielen Nutzungsspuren, Menschen und Tiere, wie werden Bilder inszeniert, wie kann der richtig gewählteStandpunkt des Fotografen architektonische Intentionen unterstreichen, was kann er über den städtebaulichen Kontext erzählen? Welche Rolle spielt der Fotograf als Komplize oder Kritiker? Jedem professionell in der Architektur Tätigen, sei es planend und bauend,sei es publizistisch, bietet das Buch mannigfaltige Erkenntnisse. Das gelingt schon durch die Choreografie der ausgewählten Fotos auf der Bildebene. Ein Standardwerk zur Architekturfotografie wollten die Protagonistinnen vorlegen – das ist ihnen gelungen. Den Schau-und Lesegenuss erhöht, dass sie nicht auf einer technoid-didaktischen Ebene blieben, sondern ein hochgradig sinnliches Werk zustande brachten.
Es ist eigentlich kein Architekturbuch, eher eine Abfolge von Prosaminiaturen – von scheinbar leichter Hand souverän hingeworfenen verbalen Bildnissen. In Wirklichkeit ging dieser Leichtigkeit der Texte mit großer Sicherheit nicht nur eine eingehende Befassung mit den jeweils Porträtierten voran, sondern auch qualvolles und sorgfältiges Abwägen des Gesagten und Geschriebenen. Denn selbst bei intimer Kenntnis der Porträtierten sind Achleitners Texte nie distanzlos, nie anbiedernd, nie unterwürfig, nie selbstgefällig.
Die Auswahl haben sich die Herausgeberinnen nicht leicht gemacht. Sie sollten einerseits durch die Spanne ihrer Entstehungszeit Achleitners Entwicklung und die damit verbundenen Interessen und Beziehungen abbilden, quasi so etwas wie eine indirekte Biografie von Friedrich Achleitner sein, erklärt Eva Guttmann. Etliche stammen aus Friedrich Achleitners frühen Jahren als Architekturkritiker für die „Presse“. Man könnte vorschnell hinterfragen, wen heute noch Texte über Antonio Gaudí oder Eileen Gray interessieren, deren Werke längst Eingang in den Bildungskanon gefunden haben. Wenn aber Achleitner im Jahr 1970 feststellt, dass die Architektin, deren Tisch E 1027 seit Jahrzehnten in jedem populären Einrichtungsmagazin zu sehen ist, „bis vor Kurzem in Wiener Architektenkreisen nicht einmal ein Geheimtipp“ gewesen sei, werden auch Texte über heute Berühmte zu wichtigen Dokumenten der jeweils zeitgenössischen Architekturrezeption. Besonders erfreulich ist es, Würdigungen von auch heute noch nur in Fachkreisen bekannten Persönlichkeiten zu finden, wie jene zum 70. Geburtstag des Bau- und Siedlungsforschers Adalbert Klaar (1900– 1981), dessen Bauaufnahmen und Baualterpläne österreichischer Dörfer und Städtenicht nur Architekturgeschichte dokumentieren, sondern auch eine wichtige Grundlage für die denkmalpflegerische Praxis sind.
Unglaublich inspirierend und erkenntnisfördernd ist diese Zusammenstellung, deren Aufmachung (Buchgestaltung: Peter Duniecki) ebenso unprätentiös und griffig ist wieAchleitners Architektenentwürfe. Ein großartiges Lesebuch und ein wertvoller Beitrag zur österreichischen Architekturgeschichtsschreibung!
In die Architekturgeschichte geht nur ein, was beschrieben, dokumentiert und – seit dem 19. Jahrhundert – fotografiert wurde. Während das Geschriebene Gefahr läuft,nicht gelesen zu werden, kann man sich dem Bild schwer entziehen. Die Vermittlung von Architektur über Bilder ist nicht dasselbe wie das Erleben des Originals oder eine gut reflektierte Architekturkritik. Aber wie sehr architektonische Handschriften undikonische Gebäude in unseren Köpfen präsent sind, hängt in erster Linie mit deren fotografischer Dokumentation zusammen. Um den „professionellen Umgang mit dem Medium Architekturbild zu verbessern“ und zur „allgemeinen Sensibilisierung für den kulturellen und ideellen Wert der Architekturfotografie“ beizutragen, haben sich vor zwölf Jahren österreichische Architekturfotografinnen und -fotografen zur IG Architekturfotografie zusammengeschlossen. Schon allein dieses gemeinsame Auftreten hat viel dazu beigetragen, Bewusstsein für den Wert ihrer Arbeit zu schaffen. Mit einem Buch, herausgegeben von der Kulturtheoretikerin Angelika Fitz und der Buchgestalterin Gabriele Lenz, hat die Szene nun ein Statement gesetzt, das weit mehr als eine Leistungsschau mit schönen Architekturbildern ist. „Vom Nutzen der Architekturfotografie“ lautet sein Titel, und diesen Nutzen bildet das Buch in vielfacher Hinsicht ab.
Dabei geht es aber nicht allein darum, wie die Architekturfotografie der Architektur in einem dokumentarischen und propagandistischen Sinne dienlich ist, was sie zweifelsohne ist. Mit der medialen Verbreitung steigt nicht nur der Wert des Gebäudes, sondern auch der Ruf derer, die es geplant haben. In den meisten Fällen ist Architekturfotografie Auftragsarbeit. Architekten brauchen die Bilder für ihre Portfolios, sie dienen der Akquise, und ohne eine Serie guter Fotografien ist die Publikation eines Bauwerks in Fachmagazinen heute undenkbar. Dennoch sind die Fotografen nicht bloße Erfüllungsgehilfen. Ihr Blick ist auch ein interpretierender und kritisierender. Oft erzählen die Hintausansicht eines Gebäudes oder ein Detail mehr über sein Wesen als die Cover-taugliche Totale der Fassadenfront. Das Bild einer Seilbahnstation aus Perspektive des Skitouristen, der sich in der Gondel der Bergstation nähert, zeigt zwar den praktischen Nutzen der Bergstation für den Skibetrieb. Jenes Bild, bei dem bloß ein Stück Gebäudehülle hinter einer schroffen Felsformation hervorblitzt, inspiriert aber viel mehr zu Reflexionen über die Konditionen des Bauens in hochalpinen Gefilden.
Welche Rolle spielen Nutzungsspuren, Menschen und Tiere, wie werden Bilder inszeniert, wie kann der richtig gewählteStandpunkt des Fotografen architektonische Intentionen unterstreichen, was kann er über den städtebaulichen Kontext erzählen? Welche Rolle spielt der Fotograf als Komplize oder Kritiker? Jedem professionell in der Architektur Tätigen, sei es planend und bauend,sei es publizistisch, bietet das Buch mannigfaltige Erkenntnisse. Das gelingt schon durch die Choreografie der ausgewählten Fotos auf der Bildebene. Ein Standardwerk zur Architekturfotografie wollten die Protagonistinnen vorlegen – das ist ihnen gelungen. Den Schau-und Lesegenuss erhöht, dass sie nicht auf einer technoid-didaktischen Ebene blieben, sondern ein hochgradig sinnliches Werk zustande brachten.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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