Publikation

Luxus für alle
Meilensteine im europäischen Terrassenwohnbau
Luxus für alle
ISBN: 978-3-0356-1880-8
Sprache: Deutsch
Publikationsdatum: 2020
Umfang: 464 Seiten, 270 farb. u. 35 sw Abb.
Format: gebunden, 22 x 17 cm

Luxuriös wohnen in Balkonien

14. September 2021 - Martina Pfeifer Steiner
Feines Format, vielversprechende Dicke, angenehm klassische Buchgestaltung. Schon beim ersten Durchblättern bleibt man interessiert hängen bei den Schwarzpan-Vignetten mit roten Einsprengsel, die Überblick geben über die zwölf vorgestellten Meilensteine im europäischen Terrassenwohnbau. Man bleibt auch an den klar gegliederten Texten hängen, den gut zuordenbaren, immer im oberen Viertel der Seite platzierten kleinen Fotos mit Bildunterschriften, und hat auf den ersten Blick, unmerklich schon ganz viel erfahren: Zum Beispiel, dass die Planstadt „Olympisches Dorf“ in München als Lebens- und Wohnmodell bis heute einzigartig ist. Die grüne Insel mit 5.000 Wohnungen, in Clustern geordnet, bietet Qualitäten wie Wohnstraße, Badesee, großes Forum, überdachte Passagen, Läden, Restaurants, Ärztezentrum und Hotel. Auch der Wohnpark Alt-Erlaa von Harry Glück in Wien wird unter dem Kapitel „Autarke Inseln“ eingeordnet. Höchst interessant, über die Rezeption dieser umstrittenen Bauwerke nachzulesen. Alt-Erlaa kam von Anfang an bei den BewohnerInnen sehr gut an, es dauerte jedoch, bis dieses hochleistungsfähige urbane Wohnmodell in Architekturkreisen anerkannt und als solches vermittelt wurde.

„Die Möglichkeit einer Grünen Stadt“ lautet das große Kapitel, das aus einem Manuskript von Harry Glück entnommen ist. Der Architekt verfasste Zeit seiner professionellen Tätigkeit Texte zur Frage des Wohnens und der Stadt, die unter „Schriften zur Architektur für Menschen“ veröffentlicht wurden. „Die Forderung, die Natur in die Stadt zurückzuholen, auch in der Stadt im Einklang mit einer sensibel entwickelten Form der Natur zu leben, ist eine viel realistischere Ideologie als die Stadt-Romantik, die in der intellektuellen Boheme vorherrscht. Wozu kommt, dass diese Sphären einander keineswegs ausschließen – tatsächlich ermöglicht erst eine kompakte und gleichzeitig durchgrünte Stadt jene lebendige Bewohnbarkeit, in der sich Urbanität überhaupt entwickeln vermag.“ Wie viele von den brisanten, aktuellen Themen sind damit schon vorweggenommen! Das Essay „Die Erfindung des Terrassenwohnhauses“ der Herausgeber Gerhard Steixner und Maria Welzig bietet zudem Grundlegendes wie Interessantes zur Thematik.

Dichte an der Peripherie (Terrassenhaussiedlung in St. Peter Graz) – Verkehrsindizierte Sonderformen (z.B. Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße in Berlin als architekturhistorische Einzigartigkeit, deren Qualitäten erst nach vierzig Jahren mit unter Denkmalschutz-Stellung gewürdigt wurden) – Dicht im Blockraster – Hybride in Kernlage – das sind die weiteren Ordnungskapitel für die zwölf Projekte, die nach ausführlicher Beschreibung jeweils mit seitenfüllenden Fotos illustriert sind. Vorangestellt wird das phänomenhafte Beispiel der Ferienstadt „La Grande Motte“ in Frankreich, das sich in der Rezeption vom Betonmonster zum Nationalen Kulturerbe entfaltete. Sonnenterrassen für alle. Die Feriensiedlung mit 25.000 Apartments wurde von Anfang an (in den 1970er-Jahren) angelegt wie eine ständig bewohnte Stadt, mit Schule, Rathaus, Kirche, Synagoge, Sport-, Kultureinrichtungen und Friedhof. 9.000 Menschen wohnen das ganze Jahr im heute als Modell für allgemeinen Wohnbau geltenden Quartier und zwei Millionen UrlauberInnen besuchen jährlich die Stadt am Meer.

Diese Publikation über den Luxus für Alle bietet wirklich spannende Geschichten über lebenswerte Wohnmodelle, über die Veränderung der Sichtweisen und Einschätzung. Dass die Bewohnerinnen und Bewohner die Wohnqualitäten immer schon als solche erkannt und geschätzt haben, darf zum Nachdenken anregen!

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