Bauwerk
MAZ Matreier Ärztezentrum
Gerhard Mitterberger - Matrei (A) - 2005
Ansichten und Durchblicke
12. April 2008 - Karin Tschavgova
Es gibt sie auch unter den Architekten: die Grübler und die Macher. Letztere halten sich nicht lange mit Grundsätzen auf, sondern denken pragmatisch und zielgerichtet. Form folgt der Funktion und die Anmutung eines Bauwerks eher einem gewünschten Bild als einer intellektuellen Haltung. Gerhard Mitterberger zähle ich zu dieser Gruppe. Seine Architektur scheint in direktem Bezug zu seiner Heimat Osttirol zu stehen. Die schroffe Natur der Berge, das raue Klima und die Kargheit der älplerischen Sprache haben nicht nur den Menschen geprägt, sondern beeinflussen auch seine Bauten. Sie sind was sie sind (und zeigen): geradlinig, kantig und robust, nie geschwätzig, aber auch nie ausdrucksschwach.
In Matrei hat der Architekt einen Bauauftrag abgewickelt, der ganz nach seinem Geschmack gewesen sein muss: eine klar umrissene Aufgabe, widrige Umstände. Einem Landarzt folgen seine Kinder in der Berufswahl. Der Sohn wird Physiotherapeut, eine Tochter Zahnärztin, die zweite Allgemeinmedizinerin, ihr Mann ist Internist. Gemeinsam beschließen sie, die in den 1970ern an das traditionelle ländliche Wohnhaus angebaute Praxis des Vaters zu einem medizinischen Zentrum mit vier Praxen auszubauen. Bedingung ist, dass die Bautätigkeit die Ordination des Vaters nicht langfristig stoppen darf.
Das Konzept des Architekten beruhte darin, den Bestand im Erdgeschoss auf drei Seiten und im Untergeschoss, dessen talseitiger Gebäudeabschluss aufgrund der Hangneigung schon über Terrain liegt, zweiseitig zu umbauen. Auf das dadurch erweiterte Eingangsgeschoss wird die neue Wohnung für den Sohn als leichter Holzständerbau aufgesetzt, bündig mit der neuen Straßenfront.
Was früher außen lag, wird jetzt zum Kern, in dem der Betrieb weiterläuft. Die Erweiterung lässt ein Volumen entstehen, das größer ist als das Tirolerhaus daneben. Der Architekt hat keine Bedenken, den Zubau bis unters flach geneigte Dach des Wohnhauses abstandslos anzuschließen. Er assoziiert ihn mit einem riesigen Stein, der an dieser Stelle fallengelassen wurde, mit einem Felsbrocken, der hier zur Ruhe kam.
Dementsprechend bildet Gerhard Mitterberger die Fassaden des Anbaus aus – der Eindruck einer homogenen Oberfläche soll erzeugt werden. Die geschossweise differenziert ausgebildeten Außenwände – unten Beton, darüber die leichte Riegelwandkonstruktion des Ständerbaus – werden mit großformatigen Laminatplatten verkleidet, die in Farbe und Oberflächenstruktur einer mit Holz geschalten Betonwand entsprechen.
Fensteröffnungen nimmt man meist als Fassadeneinschnitte wahr, weil Rahmen und Flügel zurückgesetzt sind. Dies hätte jedoch die glatte Oberfläche der Fassade und somit deren körperhafte Wirkung beeinträchtigt. Der Architekt setzt daher die Verglasungen so, dass sie – aus einiger Distanz betrachtet – in einer Ebene mit den witterungsbeständigen Platten zu liegen scheinen. Wie bei vorangegangenen Bauten, etwa dem Gemeindezentrum in St. Nikolai im Sausal (Steiermark), sieht er Fensterbänder und Oberlichten vor, die weitgehend aus Fixverglasungen bestehen, in die Rahmen mit Lüftungsflügeln eingeschnitten sind. Die fixen Gläser werden ausnahmslos ohne Rahmen in den Falz eines Anschlagholzes geklebt, obwohl sie an der Außenseite der Fassade liegen. Den Witterungsschutz stellt Mitterberger her, indem die Fassadenplatten über den oberen Glasanschluss reichen. Am unteren Fensterabschluss zieht er wiederum die äußere der beiden Scheiben der Isolierverglasung über das Anschlagholz und die Schnittkante der nächsttieferen Fassadenplatte. Gläser und Platten sind dergestalt von oben nach unten geschuppt und schützen die jeweiligen Anschlussstellen.
Sämtliche Details scheinen technisch ausgereift, sind jedoch wie immer bei Gerhard Mitterberger einfach und unprätentiös. Das gilt in der Regel auch für die Materialien, die der Architekt bevorzugt verwendet: unveredelte Industrieprodukte, robust, manchmal rau bis derb. Mitterberger mag Überinszenierungen nicht und er erreicht auch mit weniger mehr. (Zeitschrift Zuschnitt 29, 2008; Seite 12f.)
In Matrei hat der Architekt einen Bauauftrag abgewickelt, der ganz nach seinem Geschmack gewesen sein muss: eine klar umrissene Aufgabe, widrige Umstände. Einem Landarzt folgen seine Kinder in der Berufswahl. Der Sohn wird Physiotherapeut, eine Tochter Zahnärztin, die zweite Allgemeinmedizinerin, ihr Mann ist Internist. Gemeinsam beschließen sie, die in den 1970ern an das traditionelle ländliche Wohnhaus angebaute Praxis des Vaters zu einem medizinischen Zentrum mit vier Praxen auszubauen. Bedingung ist, dass die Bautätigkeit die Ordination des Vaters nicht langfristig stoppen darf.
Das Konzept des Architekten beruhte darin, den Bestand im Erdgeschoss auf drei Seiten und im Untergeschoss, dessen talseitiger Gebäudeabschluss aufgrund der Hangneigung schon über Terrain liegt, zweiseitig zu umbauen. Auf das dadurch erweiterte Eingangsgeschoss wird die neue Wohnung für den Sohn als leichter Holzständerbau aufgesetzt, bündig mit der neuen Straßenfront.
Was früher außen lag, wird jetzt zum Kern, in dem der Betrieb weiterläuft. Die Erweiterung lässt ein Volumen entstehen, das größer ist als das Tirolerhaus daneben. Der Architekt hat keine Bedenken, den Zubau bis unters flach geneigte Dach des Wohnhauses abstandslos anzuschließen. Er assoziiert ihn mit einem riesigen Stein, der an dieser Stelle fallengelassen wurde, mit einem Felsbrocken, der hier zur Ruhe kam.
Dementsprechend bildet Gerhard Mitterberger die Fassaden des Anbaus aus – der Eindruck einer homogenen Oberfläche soll erzeugt werden. Die geschossweise differenziert ausgebildeten Außenwände – unten Beton, darüber die leichte Riegelwandkonstruktion des Ständerbaus – werden mit großformatigen Laminatplatten verkleidet, die in Farbe und Oberflächenstruktur einer mit Holz geschalten Betonwand entsprechen.
Fensteröffnungen nimmt man meist als Fassadeneinschnitte wahr, weil Rahmen und Flügel zurückgesetzt sind. Dies hätte jedoch die glatte Oberfläche der Fassade und somit deren körperhafte Wirkung beeinträchtigt. Der Architekt setzt daher die Verglasungen so, dass sie – aus einiger Distanz betrachtet – in einer Ebene mit den witterungsbeständigen Platten zu liegen scheinen. Wie bei vorangegangenen Bauten, etwa dem Gemeindezentrum in St. Nikolai im Sausal (Steiermark), sieht er Fensterbänder und Oberlichten vor, die weitgehend aus Fixverglasungen bestehen, in die Rahmen mit Lüftungsflügeln eingeschnitten sind. Die fixen Gläser werden ausnahmslos ohne Rahmen in den Falz eines Anschlagholzes geklebt, obwohl sie an der Außenseite der Fassade liegen. Den Witterungsschutz stellt Mitterberger her, indem die Fassadenplatten über den oberen Glasanschluss reichen. Am unteren Fensterabschluss zieht er wiederum die äußere der beiden Scheiben der Isolierverglasung über das Anschlagholz und die Schnittkante der nächsttieferen Fassadenplatte. Gläser und Platten sind dergestalt von oben nach unten geschuppt und schützen die jeweiligen Anschlussstellen.
Sämtliche Details scheinen technisch ausgereift, sind jedoch wie immer bei Gerhard Mitterberger einfach und unprätentiös. Das gilt in der Regel auch für die Materialien, die der Architekt bevorzugt verwendet: unveredelte Industrieprodukte, robust, manchmal rau bis derb. Mitterberger mag Überinszenierungen nicht und er erreicht auch mit weniger mehr. (Zeitschrift Zuschnitt 29, 2008; Seite 12f.)
Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt
Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifel
Akteure
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Gerhard Gamper
Isabella Troyer
Johann Trojer
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Kunst am Bau
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