Bauwerk

Garden Room
Bulant & Wailzer - Wien (A) - 2002
Garden Room, Foto: Rupert Steiner
Garden Room, Foto: Rupert Steiner
14. September 2003 - Az W
Das umgebaute ca. 130 Jahre alte Haus stammt aus dem späten Biedermeier und liegt in einem grünen historischen Schutzgebiet von Wien. Durch Zubau einer Achse im Norden und durch einen Dachausbau in den 60er Jahren hatte das Haus einiges von der ursprünglichen Klarheit verloren. Überzeugt von einer Architektur ohne Bedeutungsträger und ohne suggestive Elemente, haben wir unsere Aufmerksamkeit vom architektonischen Gegenstand zum architektonischen Zustand verlegt. Das Ziel war die Wohnqualität zu steigern und das Haus durch verschiedene wettergeschützte Bereiche während des ganzes Jahres mit dem Garten zu verbinden. Nach dem Durchbruch einer ca. 6 m breiten Fassadenöffnung haben wir das Wohnzimmer um einen im Glas umhüllten Gartenraum erweitert.

Der gläserne Gartenraum, der als kleine Erweiterung des Wohnzimmers entstanden ist, hat nur 23,3 m², aber seine Wirkung auf die Wohnqualität, die Licht- und Sichtverhältnisse im Haus ist gross. Das Licht aus Südosten strömt tief in den Wohnbereich. Durch die Transparenz der neuen Fassade entsteht im Innenraum der Eindruck von Grosszügigkeit und Weite und die Bewohner können zu jeder Tages- und Jahreszeit die ständig wechselnde Natur ihres schönen Gartens neu und anders erleben. Durch Beschattung und breite Öffnung des Glaszubaus im Sommer wird die Überhitzung vermieden und das Haus ausreichend durchlüftet. Im Winter wird die Wärme der Sonnenstrahlung als Energiegewinn genützt.

Der gläserne Zubau auf der Gartenseite des Hauses, zusammen mit der erweiterten und mit Pergola gedeckten Terrasse, einem offenen Kamin und neuer Gartenstiege bilden einen fließenden Übergangsbereich zum schönen Garten. Der Gartenraum, eine Art Wintergarten, stellt nur eine gläserne Schutzumhüllung dar. Und so, befreit von formalen Suggestionen, bietet dieser möglichst neutrale, geschützte Raum, dessen Ort weder innen, noch aussen liegt, die Möglichkeit zu jeder Tages- und Jahreszeit die Metamorphosen der Natur nahe zu spüren. Die räumliche Folge - Wohnraum, Wintergarten (Gartenraum), Pergola, Terrasse, und Garten - ergibt eine Schichtung ineinandergreifender und verschiedenen Grades geschützter Klimazonen. Dieser „Membranraum“ ermöglicht den vielfältigen fließenden Übergang ins Freie.

Vor 5 Jahren hat unser Architekturbüro bei einem Wintergarten- Zubau in Salzburg zum ersten Mal in Österreich eine geklebte Isolierglas-Konstruktion mit tragenden Glasbalken- und Stützen ausgeführt. Die Glaskonstruktion beim Zubau zum Haus D. stellt nun eine weitere Entwicklung dieser geklebten Nur- Glas Konstruktion dar. Die von der ÖNORM vorgesehene mechanische Verbindung der tragenden Glaselemente (Balken und Stützen) war in Salzburg durch Metallplatten und Verschraubungen ausgeführt, in Wien konnten wir die Metallverbindung durch eine Klebeverbindung ersetzen. Die einzigen sichtbaren Metallelemente hier sind die Türbänder.

Die Anwendung progressiver Glasbautechnologie ist für uns nur Mittel zum Zweck. Die Reduktion der Materialien auf eines, nämlich das Glas und die einfachen Details der Verklebung lassen die high-tech Konstruktion als low-tech erscheinen. Der übliche technoide Expressionismus herkömmlicher Glas-Stahlkonstruktionen wird dadurch vermieden. Die reduzierte und in den Hintergrund gestellte Form lässt den Bewohnern Freiraum für Wahrnehmung über das alltägliche Banale hinaus. Das Bauwerk wird zum aktivierenden Organ der Interaktion mit der ständig wechselnden Umgebung. (Text: Architekten, 04.09.2003)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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