Bauwerk

Haus Planyavsky
ertl und henzl - Rassing-Kapelln (A) - 2004
Haus Planyavsky, Foto: ertl und henzl
Haus Planyavsky, Foto: ertl und henzl

Hightech-Hausboot am Biotop

Eigentlich wollte man von den Architekten nur einen Plan bekommen. Doch dann wurde es doch noch ein ganzes Haus. Ein Haus wie ein Schiff, ins Grundstück gesetzt von team_em.

3. Februar 2007 - Isabella Marboe
Der Garten ist ein Paradies für die Kinder: Ein Südhang am Ende der verschlafenen Ortschaft Rassing, vierzig Autominuten von Wien. Alte Bauernhäuser, Stadel und Gehöfte säumen lose die Straße im Norden, die durch weite Feldlandschaften führt.

In der Familie hatte man bereits reichlich Baustellenerfahrung: Der Vater ist Maurer, der eine Bruder ist auch Maurer, der andere wiederum ist Tischler und der Bauherr selbst ist Elektrotechniker. Eine Skizze mit fix fertigem Raumschema inklusive Steckdosen war bereits gezeichnet. Fehlte nur noch ein Plan. Und den sollte Martin Ertl vom Büro team_em liefern.

Doch stattdessen zeigte der Architekt dem Bauherrn drei realisierte Häuser. Außen konnte er sich nicht so recht begeistern, vom hellen Innenleben mit Lufträumen und Galerien im Wohnbereich war er jedoch begeistert.

So begann der Planungsprozess. „Wir wollten kein typisches Einfamilienhaus wie einen Punkt reinsetzen, sondern eine Form finden, die sich in die Dorfstruktur fügt“, sagt Martin Ertl.

Eine feine Referenz

Mitsamt seinem malerischen Biotop wird der Garten nun von einem u-förmigen Hofhaus umfasst. Im Obergeschoß ist der lang gestreckte Riegel von einem sachten Dachbogen bespannt. Er ist mit horizontalen Lärchenlatten verkleidet und erweist so den nachbarlichen Stadeln eine feine Referenz. Keck lugt sein auskragendes Nordende zwischen den Bäumen auf die Straße.

Garage, Werkstatt und viel Stauraum waren ein absolutes Muss. „Wir wollten ohne Keller auskommen“, sagt Martin Ertl. In der massiven Nordwand hat nun der gesamte Stauraum Platz gefunden. Im offenen, hohen Zentralraum davor pulsiert das Herz des Familienlebens: Hier wird gekocht, gegessen, gewohnt und gearbeitet. Die Holztramdecke verleiht dem Raum eine warme Atmosphäre, der Luftraum über der lichtdurchlässigen Stiege ist über fünf Meter hoch. Er wird von einem Steg durchmessen, der die Nordhälfte der Kinder mit der elterlichen Südseite verbindet. Von dieser Brücke überblickt man auch die am Garten gelegene Küche. „Das ist unsere Sommerresidenz“, sagt der Bauherr. An besonders heißen Tagen bleibt die Küche immer noch angenehm kühl: Wie ein Hausboot ragt darüber der Elternschlafraum über die Terrasse und bildet ein schattenspendendes Vordach.

Der Bauherr ist leidenschaftlicher Handwerker und technischer Perfektionist. Das BUS-System, das die Sonnensegel und Jalousien des Niedrigenergiehauses je nach Wind und Wetter sowie die gesamte Beleuchtung und den Medienraum steuert, verlegte der Bauherr selbst. Daheim arbeitet er bei Frau und Kindern, jedes davon hat seinen eigenen PC an der langen Workstation. Diese liegt am lauschigen, windgeschützten Innenhof mit Aussicht auf einen Birnbaum.

Die Pergola im Hof führt wieder direkt in die Küche, wo die Mutter ihre Kinder in Wohnraum, Garten oder Wasser stets im Auge hat. Hinterm Biotop klettern Gabionen im Drahtgitter den Hügel hoch. „Zwischen den Steinen nisten Eidechsen und Molche, der Garten ist so bepflanzt, dass die Vögel leicht fündig werden“, freut man sich. Lediglich bei den Himbeeren entfacht ein regelrechter Kampf zwischen Tier und Mensch.

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