Bauwerk
Bürohochhaus Hoch Zwei
Henke Schreieck Architekten - Wien (A) - 2009
Hier ist das Paradies
Städtebaulich richtig und räumlich abwechslungsreich unter einer überaus eleganten, glatten Haut. Gäbe es ein Ranking der Wiener Hochhäuser: Hinter dem Messegelände stünde die neue Nummer eins.
7. November 2009 - Liesbeth Waechter-Böhm
Bauherrenpreis für ein Hochhaus: Die neue Landmark, die Dieter Henke und Marta Schreieck am Eingang zum Quartier „Viertel zwei“ an der U-Bahn-Station Trabrennplatz hinter dem Wiener Messegelände errichtet haben, verdient solche Beachtung. Denn sie steht städtebaulich „richtig“ da, und in einemgedachten Ranking der Wiener Hochhäuser besetzt sie sicher die Spitzenposition. Wobei die Auszeichnung, genau genommen, nur indirekt der Architektur gilt. Die muss zwar besondere Qualitäten haben, aber geehrt wird der Bauherr, weil er fähig und willens war, ein Projekt umzusetzen, das über die gängigen Standards hinausweist.
Der Bauherr ist in diesem Fall ein Investor: die „IC Projektentwicklung GmbH“. Das heißt, dass die kommerzielle Verwertbarkeit des Gebauten Priorität hat. Schaut man sich das Quartier „Viertel zwei“ genauer an, dannist man allerdings von der intelligenten Strategie überrascht, mit der hier geplant wurde.Intelligent im Hinblick auf den Städtebau, auch auf die beschränkte Anzahl von Architekten, die zum Zug gekommen sind – so wurde diese Unruheallzu vieler Architektursprachen vermieden, unter denen so viele Neubaugebiete leiden –, schließlich auf die gestalterische Bewältigung des Außenraums,die wohl zum Besten gehört, das es in Wien derzeit gibt. Man wird sich dieses Quartier – hauptsächlich Bürohäuser, ein Hotel, ein Wohnbau, ein sanierter Altbestandsbau – genau anschauen müssen, wenn es fertig ist. Das Wohnhaus steht noch nicht, und die Landschaftsplanung ist nicht abgeschlossen. Aber das Architekten-Triumvirat aus Henke und Schreieck, Martin Kohlbauer und Zechner & Zechner stellt eine Option für die Zukunft dar, ebenso die profilierten deutschen Landschaftsplaner Wes & Partner.
Eines vorweg: Es ist keine schlanke, hohe Nadel, die Henke und Schreieck geplant haben. Das Haus steht fest auf der Erde und ist mit seinen 80 Metern Höhe möglicherweise sogar zu niedrig. Aber die diversen Kubaturen der Gebäude wurden natürlich im Vorfeld des komplexen Wettbewerbsverfahrens festgelegt, daran war nicht zu rütteln. Andererseits sagen die Architekten, dass ihr Haus nicht Raum besetzt, sondern Raum bildet. Das ist zumindest teilweise richtig. Denn es besteht aus einem konkav/konvex gebogenen Baukörper, der einen großzügigen Vorplatz definiert (übrigens möbliert mit einer wunderbaren, amorphen, grünen Plastik von Lois und Franziska Weinberger). Es nimmt viel Grundfläche ein, wenn man es mit herkömmlichen Hochhäusern vergleicht. Dafür kann es umso mehr.
In Hochhäusern braucht die Erschließung sehr viel Platz, und es gibt in der Mitte eine Dunkelzone, sodass für die natürlich belichteten Räume mit Aussicht entlang der Fassade nur relativ wenig Laufmeter bleiben. Diese Problematik wurde mit großem Geschick umschifft. Künstliches Licht auch tagsüber braucht es hier eigentlich nur im Bereich der Lifte und Zugänge zu den Treppenhäusern. Da das Haus sehr breit auf dem Boden steht, bietet es viel hervorragend nutzbare Bürofläche, die nicht nur Licht, sondern zum Teil auch spektakuläre Aussicht hat. Klar, richtig umwerfend ist der Ausblick nur von ganz oben. Aber das ist bei allen Wolkenkratzern so. Viele Hochhäuser verfügen über ein attraktives Entrée – hier: zweigeschoßig – und über irgendeine räumliche Besonderheit ganz oben, die in der Regel nur privilegierten Nutzern zugänglich ist. Dazwischen: die Regelgeschoße. Was die können, das entscheidet über die Nutzungsqualität insgesamt. Irgendein Sonderraum für ein Sonderpublikum lässt sich ganzleicht hinstellen, wenn es nur jemand zahlt. Aber durchgängige Qualität über alle Geschoße und für die Masse der Beschäftigten – das ist etwas ganz anderes.
Dieser Thematik haben die Planer (und der Investor) viel Aufmerksamkeit gewidmet. Es war ein trister, bewölkter Tag, als ich das Haus besichtigt habe. In den Erschließungsgängen zu den Büros (Glaswände, teilweise sichtgeschützt) war es trotzdem hell. Sie sind auch räumlich abwechslungsreich, weil sie nicht einfach linear verlaufen, sie erweitern sich stellenweise (Gemeinschaftsbereiche, Teeküchen), manchmal ist der Übergang zu einer offenen Empfangs- oder Sekretariatszone fließend, das macht atmosphärisch etwas aus. Außerdem ist die Größe der Büroeinheiten (kein ausgesprochenes Großbüro) ziemlich differenziert. Wer sich je die Arbeitssituationen im Eldorado der Hochhäuser angeschaut hat, in New York, der weiß: Hier ist das Paradies.
Die Form des Hauses hat eine Vorgeschichte. Es gab einen städtebaulichen Wettbewerb, den Henke und Schreieck mit einem Konzept gewonnen haben, das eine durchgängige Bebauung mit konvex/konkav geformten Baukörpern vorgesehen hätte. Lauter Bumerange – oder wie es Margherita Spillutini formuliert: „Kipferl“. Solche Baukörper ermöglichen trotz hoher Dichte Durchlässigkeit – auch in Bezug auf den Ausblick – und die Formulierung spannender Außenräume. Die sind wichtig, und sie kommen bei uns regelmäßig zu kurz. Trotzdem wurde das Konzept zugunsten einer anderen, nicht zuletzt durch die Landschaftsplaner mitbestimmten Lösung aufgegeben. Der OMV-Bumerang ist daher durch eine Brücke mit dem durchaus rechtwinkligen Nachbarn von Martin Kohlbauer verbunden, nur vier verhältnismäßig niedrige – bumerangförmige – Baukörper von Henke und Schreieck schräg gegenüber gehen noch auf das ursprüngliche Städtebau-Projekt zurück.
Die Form des Hauses: Es ist sicher so, dass auch heute, bei all den technischen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, ein solches Projekt nicht ohne Weiteres zu realisieren ist. Unten schiebt sich völlig asymmetrisch eine Sockelzone heraus, darüber kurvt sich ein Baukörper in die Höhe, der auskragt, der nach oben breiter wird. Aber die Glasfassade überzieht das alles mit einer unheimlich eleganten, glatten Haut. Das war technisch äußerst komplex – ganz davon abgesehen, dass es an den Schmalseiten des Hauses speziell berechnete, gekrümmte Gläser gebraucht hat, damit genau dieser Effekt der homogenen, glatten Haut nicht gestört wird.
Ich denke, es ist etwas Besonderes, wenn sich ein Bauherr auf so etwas einlässt. Und ich denke, dass es nicht so wahnsinnig viele „Investoren“ dieser Güteklasse gibt.
Der Bauherr ist in diesem Fall ein Investor: die „IC Projektentwicklung GmbH“. Das heißt, dass die kommerzielle Verwertbarkeit des Gebauten Priorität hat. Schaut man sich das Quartier „Viertel zwei“ genauer an, dannist man allerdings von der intelligenten Strategie überrascht, mit der hier geplant wurde.Intelligent im Hinblick auf den Städtebau, auch auf die beschränkte Anzahl von Architekten, die zum Zug gekommen sind – so wurde diese Unruheallzu vieler Architektursprachen vermieden, unter denen so viele Neubaugebiete leiden –, schließlich auf die gestalterische Bewältigung des Außenraums,die wohl zum Besten gehört, das es in Wien derzeit gibt. Man wird sich dieses Quartier – hauptsächlich Bürohäuser, ein Hotel, ein Wohnbau, ein sanierter Altbestandsbau – genau anschauen müssen, wenn es fertig ist. Das Wohnhaus steht noch nicht, und die Landschaftsplanung ist nicht abgeschlossen. Aber das Architekten-Triumvirat aus Henke und Schreieck, Martin Kohlbauer und Zechner & Zechner stellt eine Option für die Zukunft dar, ebenso die profilierten deutschen Landschaftsplaner Wes & Partner.
Eines vorweg: Es ist keine schlanke, hohe Nadel, die Henke und Schreieck geplant haben. Das Haus steht fest auf der Erde und ist mit seinen 80 Metern Höhe möglicherweise sogar zu niedrig. Aber die diversen Kubaturen der Gebäude wurden natürlich im Vorfeld des komplexen Wettbewerbsverfahrens festgelegt, daran war nicht zu rütteln. Andererseits sagen die Architekten, dass ihr Haus nicht Raum besetzt, sondern Raum bildet. Das ist zumindest teilweise richtig. Denn es besteht aus einem konkav/konvex gebogenen Baukörper, der einen großzügigen Vorplatz definiert (übrigens möbliert mit einer wunderbaren, amorphen, grünen Plastik von Lois und Franziska Weinberger). Es nimmt viel Grundfläche ein, wenn man es mit herkömmlichen Hochhäusern vergleicht. Dafür kann es umso mehr.
In Hochhäusern braucht die Erschließung sehr viel Platz, und es gibt in der Mitte eine Dunkelzone, sodass für die natürlich belichteten Räume mit Aussicht entlang der Fassade nur relativ wenig Laufmeter bleiben. Diese Problematik wurde mit großem Geschick umschifft. Künstliches Licht auch tagsüber braucht es hier eigentlich nur im Bereich der Lifte und Zugänge zu den Treppenhäusern. Da das Haus sehr breit auf dem Boden steht, bietet es viel hervorragend nutzbare Bürofläche, die nicht nur Licht, sondern zum Teil auch spektakuläre Aussicht hat. Klar, richtig umwerfend ist der Ausblick nur von ganz oben. Aber das ist bei allen Wolkenkratzern so. Viele Hochhäuser verfügen über ein attraktives Entrée – hier: zweigeschoßig – und über irgendeine räumliche Besonderheit ganz oben, die in der Regel nur privilegierten Nutzern zugänglich ist. Dazwischen: die Regelgeschoße. Was die können, das entscheidet über die Nutzungsqualität insgesamt. Irgendein Sonderraum für ein Sonderpublikum lässt sich ganzleicht hinstellen, wenn es nur jemand zahlt. Aber durchgängige Qualität über alle Geschoße und für die Masse der Beschäftigten – das ist etwas ganz anderes.
Dieser Thematik haben die Planer (und der Investor) viel Aufmerksamkeit gewidmet. Es war ein trister, bewölkter Tag, als ich das Haus besichtigt habe. In den Erschließungsgängen zu den Büros (Glaswände, teilweise sichtgeschützt) war es trotzdem hell. Sie sind auch räumlich abwechslungsreich, weil sie nicht einfach linear verlaufen, sie erweitern sich stellenweise (Gemeinschaftsbereiche, Teeküchen), manchmal ist der Übergang zu einer offenen Empfangs- oder Sekretariatszone fließend, das macht atmosphärisch etwas aus. Außerdem ist die Größe der Büroeinheiten (kein ausgesprochenes Großbüro) ziemlich differenziert. Wer sich je die Arbeitssituationen im Eldorado der Hochhäuser angeschaut hat, in New York, der weiß: Hier ist das Paradies.
Die Form des Hauses hat eine Vorgeschichte. Es gab einen städtebaulichen Wettbewerb, den Henke und Schreieck mit einem Konzept gewonnen haben, das eine durchgängige Bebauung mit konvex/konkav geformten Baukörpern vorgesehen hätte. Lauter Bumerange – oder wie es Margherita Spillutini formuliert: „Kipferl“. Solche Baukörper ermöglichen trotz hoher Dichte Durchlässigkeit – auch in Bezug auf den Ausblick – und die Formulierung spannender Außenräume. Die sind wichtig, und sie kommen bei uns regelmäßig zu kurz. Trotzdem wurde das Konzept zugunsten einer anderen, nicht zuletzt durch die Landschaftsplaner mitbestimmten Lösung aufgegeben. Der OMV-Bumerang ist daher durch eine Brücke mit dem durchaus rechtwinkligen Nachbarn von Martin Kohlbauer verbunden, nur vier verhältnismäßig niedrige – bumerangförmige – Baukörper von Henke und Schreieck schräg gegenüber gehen noch auf das ursprüngliche Städtebau-Projekt zurück.
Die Form des Hauses: Es ist sicher so, dass auch heute, bei all den technischen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, ein solches Projekt nicht ohne Weiteres zu realisieren ist. Unten schiebt sich völlig asymmetrisch eine Sockelzone heraus, darüber kurvt sich ein Baukörper in die Höhe, der auskragt, der nach oben breiter wird. Aber die Glasfassade überzieht das alles mit einer unheimlich eleganten, glatten Haut. Das war technisch äußerst komplex – ganz davon abgesehen, dass es an den Schmalseiten des Hauses speziell berechnete, gekrümmte Gläser gebraucht hat, damit genau dieser Effekt der homogenen, glatten Haut nicht gestört wird.
Ich denke, es ist etwas Besonderes, wenn sich ein Bauherr auf so etwas einlässt. Und ich denke, dass es nicht so wahnsinnig viele „Investoren“ dieser Güteklasse gibt.
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