Bauwerk
25hours Hotel
BWM Designers & Architects, Dreimeta - Wien - 2013
Platte mit Präsenz
Aufgestockt und frisch eingefärbt, mutiert ein Studentenheim zum trendigen Hotel und ein tristes Eck zu einer pointierten Setzung in der Stadt: Wiens „25hours Hotel“ am Weghuberpark – eine Visite.
15. Juni 2013 - Franziska Leeb
Anton Wildgans beschreibt 1928 in „Musik der Kindheit“ den heute als Zweierlinie bekannten Straßenzug von Museumstraße und Auerspergstraße, der zur Entlastung der Ringstraße vom Güterverkehr angelegt war und folglich Lastenstraße genannt wurde, als „Zeile der Lebendigen und Toten“. Er berichtet „vom ewig fließenden Strom des Verkehres“, der schweren Fuhrwerke, von den kaiserlichen Garden, die über die Lastenstraße zum Dienst in der Hofburg antraten, und von Trauerkondukten, die auf dieser „Heerstraße, Landstraße und dennoch Großstadtstraße“ vorbeizogen.
Wenn auch heute das Geschehen dort weniger pompös abläuft – die Mischung von Prunk und Banalität, die Wildgans in seinen Kindheitserinnerungen schildert, ist um den Weghuberpark, wo dem Dichter später ein Denkmal gesetzt wurde, immer noch nachvollziehbar. Auch eine gewisse Unwirtlichkeit ist in diesem Bereich spürbar: Dagegen richten weder die beiden Palais – das Trautson im Süden des Parks und nördlich davon das Auersperg – noch die Grünflächen viel aus, sofern man sich nicht in oder auf ihnen aufhält. Schräg gegenüber vom Weghuberpark mündet der Schmerlingplatz, den Camillo Sitte schon als „unrhythmische Stelle“ kritisiert hat, in die Auerspergstraße. Wenn der erste Bezirk ein Hintaus hat, dann liegt es hier.
Tritt man in die Lerchenfelder Straße ein, sind es nicht die Palais, die einem den Empfang bereiten, sondern Bauten, wie sie nüchterner kaum sein könnten. Rechter Hand wird im Anschluss an das Palais Auersperg das aus den frühen 1980ern stammende Amtshaus der Stadt Wien immer grauer. Vis-à-vis bot bis vor Kurzem das Ende der 1960er erbaute Studentenwohnheim einen kaum attraktiveren Auftakt, was gar nicht an der grundsätzlichen Qualität des von KurtSchlauss geplanten Gebäudes lag, sondern eher daran, dass es nicht ausreichend dominant den Beginn der Zeile besetzte.
In Betrieb ging das Haus 1969 nicht als Studentenwohnheim, sondern als Bürogebäude der Unido, die es bis zur Fertigstellung der UNO-City nutzte. Nach der Übersiedlung der UN-Organisation in die Donaustadt wurden die von Anfang an in jedem Zimmer vorgesehenen Badezimmer nachgerüstet und wurde das Haus seinem ursprünglichen Zweck übergeben, den es bis zum Sommer 2011 behielt. Damals thronte schon etliche Monate eine mittels parkseitig angebautem Liftturm erschlossene Glasbox über dem sechsstöckigen Stahlbetonbau, in der Hotelsuiten und eine Bar die Transformation des Hauses in ein Hotel ankündigten.
Verantwortet wird der Umbau von den Wiener BWM-Architekten, die vom Bauträger Jelitzka und Partner ab 2007 ins Boot geholt wurden, das Studentenheim zu einem Bürohaus umzubauen, ehe die Finanzkrise eine Hotelnutzung als lukrativere Option erscheinen ließ. Ein weiser Entschluss, wie sich im Nachhinein zeigt: Der Laden brummt. Was hat aber nun diese Umgestaltung abseits des wirtschaftlichen Erfolges von Besitzer und Pächter für das Gebäude und sein Umfeld in architektonischer und städtebaulicher Hinsicht gebracht? Aufbauten können den darunterliegenden Bestand ebenso arg beeinträchtigen wie das Stadtbild, wie uns der Wildwuchs an Aufstockungen mittlerweile in allen inneren Stadtbezirken vor Augen führt. Zudem sind gestalterisch gelungene Adaptierungen von Bauten der 1960er und 1970er eine Rarität. Deren strukturelle Qualitäten verschwinden beim Versuch, die Gebäude bauphysikalisch auf heutige Standards zu bringen meist hinter fetten Vollwärmeschutzfassaden. Energetisch mag das Vorteile bringen, ästhetisch sicher nicht.
Die BWM-Architekten waren sich dieser Gefahren bewusst und hatten sich neben diesen Herausforderungen auch noch mit einer sehr speziellen Baustellenlogistik zu arrangieren. Denn während das Studentenheim noch in Vollbetrieb war, galt es, den neuen dreigeschoßigen Aufbau zu errichten. Nach Auszug der Studierenden erfolgte dann die Adaptierung der bestehenden Substanz. Und die zeigte viele Qualitäten sowohl in der Gestaltung der Details als auch in der Raumökonomie. Kurt Schlauss hat das Gebäude durchaus zukunftsfähig konzipiert, meinen die Architekten, und daher war es – bei allen aus heutiger Sicht bauphysikalischen und schalltechnischen Makeln – sehr gut zu einem neuen Leben zu erwecken.
Sein größter Mangel, so Markus Kaplan –Partner der Bürogründer Erich Bernard, Johann Moser und Daniela Walten –, war, dass es städtebaulich zu defensiv war. Die Aufstockung verleiht ihm nun die notwendige Höhe, um mit der Umgebung in Dialog treten zu können. Mit dem gläsernen Aufbau wird das System des Bestandes weitergestrickt. Der Rücksprung wird zur Fuge, und obenauf dockt in neuer Materialsprache, aber ähnlicher Gelassenheit der neue Quader an, dessen oberstes Geschoß – eine Dachbar – wiederum zurückspringt. Die großartige Aussicht wurde medial bereits ausgiebig gewürdigt. Ebenso das sich um das Thema „Zirkus“ drehende Gestaltungskonzept, das die „25hours Hotel Company“ beim Augsburger Interiordesign-Büro Dreimeta beauftragt hat.
Kümmern wir uns lieber um die Gebäudehülle. Denn während innen radikal entkernt wurde, blieb an der Fassade das meiste beim Alten, auch wenn sie gründlich überabeitet wurde. „Von Anfang an war klar, dass der Waschbeton erhalten bleiben muss“, betont Erich Bernard. Also wurde innen gedämmt und außen nur lasiert. Die schwarze Farbschicht, die einheitlich über die Platten und Fugen gelegt wurde, unterstützt die Sichtbarkeit des Gebäudes im Stadtbild bedeutend. Die alten Fenster mussten ersetzt werden, keines der heutigen Produkte konnte mit den fein detaillierten alten Profilen mithalten, denn mag man es gut gedämmt, muss man statt der zarten Optik im besten Fall eine vollschlanke in Kauf nehmen. Eine Sonderanfertigung ließ das Budget nicht zu. Also baute man die neuen schwarzen Fensterrahmen so hinter der Betonfassade ein, dass die Proportion der Fassade gewahrt blieb.
An der Kante zur südlichen Seitenfassade endet das Schwarz, was nicht inkonsequent ist, sondern dazu beiträgt, dass sich das aufgemöbelte Gebäude gut mit dem Komplex des dahinterliegenden Mechitaristenklosters verwebt. Zur Öffentlichkeit hin pointiert in der Gestik, zur hochkarätigen Nachbarschaft hin respektvoll. Was der Bestand nicht so recht einzulösen vermochte, ist nun in seiner Überarbeitung gelungen.
Wenn auch heute das Geschehen dort weniger pompös abläuft – die Mischung von Prunk und Banalität, die Wildgans in seinen Kindheitserinnerungen schildert, ist um den Weghuberpark, wo dem Dichter später ein Denkmal gesetzt wurde, immer noch nachvollziehbar. Auch eine gewisse Unwirtlichkeit ist in diesem Bereich spürbar: Dagegen richten weder die beiden Palais – das Trautson im Süden des Parks und nördlich davon das Auersperg – noch die Grünflächen viel aus, sofern man sich nicht in oder auf ihnen aufhält. Schräg gegenüber vom Weghuberpark mündet der Schmerlingplatz, den Camillo Sitte schon als „unrhythmische Stelle“ kritisiert hat, in die Auerspergstraße. Wenn der erste Bezirk ein Hintaus hat, dann liegt es hier.
Tritt man in die Lerchenfelder Straße ein, sind es nicht die Palais, die einem den Empfang bereiten, sondern Bauten, wie sie nüchterner kaum sein könnten. Rechter Hand wird im Anschluss an das Palais Auersperg das aus den frühen 1980ern stammende Amtshaus der Stadt Wien immer grauer. Vis-à-vis bot bis vor Kurzem das Ende der 1960er erbaute Studentenwohnheim einen kaum attraktiveren Auftakt, was gar nicht an der grundsätzlichen Qualität des von KurtSchlauss geplanten Gebäudes lag, sondern eher daran, dass es nicht ausreichend dominant den Beginn der Zeile besetzte.
In Betrieb ging das Haus 1969 nicht als Studentenwohnheim, sondern als Bürogebäude der Unido, die es bis zur Fertigstellung der UNO-City nutzte. Nach der Übersiedlung der UN-Organisation in die Donaustadt wurden die von Anfang an in jedem Zimmer vorgesehenen Badezimmer nachgerüstet und wurde das Haus seinem ursprünglichen Zweck übergeben, den es bis zum Sommer 2011 behielt. Damals thronte schon etliche Monate eine mittels parkseitig angebautem Liftturm erschlossene Glasbox über dem sechsstöckigen Stahlbetonbau, in der Hotelsuiten und eine Bar die Transformation des Hauses in ein Hotel ankündigten.
Verantwortet wird der Umbau von den Wiener BWM-Architekten, die vom Bauträger Jelitzka und Partner ab 2007 ins Boot geholt wurden, das Studentenheim zu einem Bürohaus umzubauen, ehe die Finanzkrise eine Hotelnutzung als lukrativere Option erscheinen ließ. Ein weiser Entschluss, wie sich im Nachhinein zeigt: Der Laden brummt. Was hat aber nun diese Umgestaltung abseits des wirtschaftlichen Erfolges von Besitzer und Pächter für das Gebäude und sein Umfeld in architektonischer und städtebaulicher Hinsicht gebracht? Aufbauten können den darunterliegenden Bestand ebenso arg beeinträchtigen wie das Stadtbild, wie uns der Wildwuchs an Aufstockungen mittlerweile in allen inneren Stadtbezirken vor Augen führt. Zudem sind gestalterisch gelungene Adaptierungen von Bauten der 1960er und 1970er eine Rarität. Deren strukturelle Qualitäten verschwinden beim Versuch, die Gebäude bauphysikalisch auf heutige Standards zu bringen meist hinter fetten Vollwärmeschutzfassaden. Energetisch mag das Vorteile bringen, ästhetisch sicher nicht.
Die BWM-Architekten waren sich dieser Gefahren bewusst und hatten sich neben diesen Herausforderungen auch noch mit einer sehr speziellen Baustellenlogistik zu arrangieren. Denn während das Studentenheim noch in Vollbetrieb war, galt es, den neuen dreigeschoßigen Aufbau zu errichten. Nach Auszug der Studierenden erfolgte dann die Adaptierung der bestehenden Substanz. Und die zeigte viele Qualitäten sowohl in der Gestaltung der Details als auch in der Raumökonomie. Kurt Schlauss hat das Gebäude durchaus zukunftsfähig konzipiert, meinen die Architekten, und daher war es – bei allen aus heutiger Sicht bauphysikalischen und schalltechnischen Makeln – sehr gut zu einem neuen Leben zu erwecken.
Sein größter Mangel, so Markus Kaplan –Partner der Bürogründer Erich Bernard, Johann Moser und Daniela Walten –, war, dass es städtebaulich zu defensiv war. Die Aufstockung verleiht ihm nun die notwendige Höhe, um mit der Umgebung in Dialog treten zu können. Mit dem gläsernen Aufbau wird das System des Bestandes weitergestrickt. Der Rücksprung wird zur Fuge, und obenauf dockt in neuer Materialsprache, aber ähnlicher Gelassenheit der neue Quader an, dessen oberstes Geschoß – eine Dachbar – wiederum zurückspringt. Die großartige Aussicht wurde medial bereits ausgiebig gewürdigt. Ebenso das sich um das Thema „Zirkus“ drehende Gestaltungskonzept, das die „25hours Hotel Company“ beim Augsburger Interiordesign-Büro Dreimeta beauftragt hat.
Kümmern wir uns lieber um die Gebäudehülle. Denn während innen radikal entkernt wurde, blieb an der Fassade das meiste beim Alten, auch wenn sie gründlich überabeitet wurde. „Von Anfang an war klar, dass der Waschbeton erhalten bleiben muss“, betont Erich Bernard. Also wurde innen gedämmt und außen nur lasiert. Die schwarze Farbschicht, die einheitlich über die Platten und Fugen gelegt wurde, unterstützt die Sichtbarkeit des Gebäudes im Stadtbild bedeutend. Die alten Fenster mussten ersetzt werden, keines der heutigen Produkte konnte mit den fein detaillierten alten Profilen mithalten, denn mag man es gut gedämmt, muss man statt der zarten Optik im besten Fall eine vollschlanke in Kauf nehmen. Eine Sonderanfertigung ließ das Budget nicht zu. Also baute man die neuen schwarzen Fensterrahmen so hinter der Betonfassade ein, dass die Proportion der Fassade gewahrt blieb.
An der Kante zur südlichen Seitenfassade endet das Schwarz, was nicht inkonsequent ist, sondern dazu beiträgt, dass sich das aufgemöbelte Gebäude gut mit dem Komplex des dahinterliegenden Mechitaristenklosters verwebt. Zur Öffentlichkeit hin pointiert in der Gestik, zur hochkarätigen Nachbarschaft hin respektvoll. Was der Bestand nicht so recht einzulösen vermochte, ist nun in seiner Überarbeitung gelungen.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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