Bauwerk

Wirtschaftspark Breitensee
HOLODECK architects - Wien (A) - 2014
Wirtschaftspark Breitensee, Foto: Wolfgang Thaler
Wirtschaftspark Breitensee, Foto: Wolfgang Thaler
2. März 2015 - Az W
Der Businesspark Breitensee ist ein alteingesessener Gewerbestandort in direkter Nachbarschaft zur Sargfabrik (BKK-3). Nach einem Teilabriss von Bestandbauten wurde das Areal neu organisiert und bietet nun einen Mix von produzierenden, hochspezialisierten Betrieben, Büros, Ateliers, Produktionsstätten, einer Veranstaltungsstätte und Gastronomiebetrieben. Der Übergang vom Gewerbepark zum Wohnbau entlang der Märzstraße (Entwurf: fasch&fuchs) wurde als bauliche Zäsur gestaltet: der Gewerbepark zeigt dem angrenzenden Innenhof seine verschlossene Rückseite und erhöht so die Aufenthaltsqualität im Innenhof der Wohnanlage. Die dem Wohnbau zugewandte Freifläche mit Kleinkinderspielplatz zwischen Gewerbetrakt und Wohnbau fungiert als Grünraumpuffer zwischen Wohnen und Gewerbe.

Das Wechselspiel von unterschiedlichen Freiräumen und bebauter Fläche ergibt sich durch funktionale und atmosphärische Parameter. Die Wendeschleife der Lastkraftwagen beeinflusst die Lage und den Baukörper des Bürogebäudes in der Hofmitte. Das neue Bürogebäude spricht mit seiner kleinteiligen Fassade eine gänzlich andere Formensprache als der weiß verputzte Bestand. Dennoch: hinsichtlich Funktionsoffenheit und industriellem Charakter steht der Neubau dem Bestand um nichts nach, die Architekten definieren das neue Bürogebäude als Weiterführung der in Jahrzehnten gewachsenen Gewerbestruktur mit Skelettbauweise, mind. 3,28 m Raumhöhe und beidseitig belichteten Lofteinheiten.

Die Lofts sind flexibel unterteilbar und über drei Stiegenhauskerne mit Lastaufzügen für eine Belastung von 4 Tonnen erschlossen. Die Stahlbetonunterzüge sowie das Stützensystem für die teils 50 m langen Einheiten wurden aus Fertigteilelementen mit integrierten Öffnungen für Haustechnikleitungen entwickelt. Die Unterzüge und Stützen ermöglichen eine maximale Raumhöhe und strukturieren zugleich den Raum, wodurch eine besondere Rhythmik und Atmosphäre entsteht. Die Pfosten-Riegel-Konstruktion des Neubaus zitiert den Industriebau mit sichtbaren Schraubenverbindungen und Blech im Fußbereich.

Die Fassade verfügt über einen außenliegenden, manuell verschiebbaren Sonnenschutz sowie eine Lichtlenkung, die den Lichteinfall in das Gebäudeinnere optimiert. Das transluzente Kompositmaterial besteht aus Kapillarglas zur Lichtlenkung: unzählige Röhrchen bewirken einen diffusen Lichteinfall, das Licht wird weit in den Innenraum gelenkt und ermöglicht bestmögliche Tageslichtbedingungen für Büroplätze. Der Innenausbau lässt eine nahezu vollständige Aktivierung der Speichermassen zu (keine abgehängten Decken und kein Doppelboden) und ermöglicht somit ein angenehmes Klima und geringere Betriebskosten.

Die außenliegenden Freiflächen am Areal sind gestaffelt: Dachterrassen, kleinere Bürobalkone und ein Schanigarten (noch nicht im Betrieb) auf Hofniveau. Diese dreidimensionale Abfolge von unterschiedlich zugeordneten Außenbereichen fördert die Kommunikation. Insbesondere die zahlreichen Bürobalkone werden von den Mitarbeitern bei allen Wetterlagen bestens angenommen: sei es für den informellen Austausch unter 4 oder 6 Augen, oder auch zum Durchatmen – mit oder ohne Zigarette. Der Ausblick macht die Bürobalkone zusätzlich attraktiv: Der Blick wandert über die Freiflächen zu den Gebäudeteilen, vom Bürotrakt zur Produktion.

Im Gebäudeinneren befindet sich ein Atrium mit Glasdach, das als Sozialraum für die Mitarbeiter zur Verfügung steht und zum Kommunikationsaustausch dient. Die Nutzung als Veranstaltungsstätte zur Fremdvermietung in Kombination mit einem Gastronomiebetrieb im Erdgeschoss ist ebenfalls möglich.

Ein behindertengerechtes Fußgängernetz aus öffentlichen und halböffentlichen Wegen verbindet Gebäudetrakte und Straßenzüge miteinander. Die Zufahrtsschleife samt Parkmöglichkeiten innerhalb des Hofes gewährleistet allen Betrieben eine problemlose An- und Ablieferung. In der Garagenebene -1 sind die Pflichtstellplätze für Wohnbau und Gewerbegebäude. Die Ebene -2 dient als Volksgarage für die Anwohner. Die gelb-schwarzen Schutzbügel im Hof wirken wie ein schickes Industriezitat, tatsächlich handelt es sich um zwingend notwendige Signale für die LKWs, die hier im beengten Innenhof über keinen Puffer beim Wenden verfügen. (Text: Architekten, überarbeitet und erweitert von Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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