Bauwerk

Veranstaltungszentrum & Landesmusikschule Marchtrenk
Luger & Maul - Marchtrenk (A) - 2016
Veranstaltungszentrum & Landesmusikschule Marchtrenk, Foto: Walter Ebenhofer
Veranstaltungszentrum & Landesmusikschule Marchtrenk, Foto: Walter Ebenhofer

Wahrhaft kultiviert

Besuch in Marchtrenk, Oberösterreich: Die Stadtbevölkerung ist sehr zufrieden mit dem Neubau des alltagstauglichen Veranstaltungszentrums, bestehend aus Musikschule und Kulturzentrum. Ein schönes Kompliment an das Welser Architekturbüro Luger & Maul.

31. Dezember 2016 - Romana Ring
Marchtrenk: Wer die offizielle Internetseite der mittlerweile größten Stadt des Verwaltungsbezirks Wels-Land aufruft, gelangt mit zwei Mausklicks an eine Videobotschaft, in der ein namhafter Kabarettist die Worte „Marchtrenk“, „noch nie gehört“ und „Kaff“ in einem Satz unterbringt; der digitale Weg zu einem Rückblick auf das Jahr 2016 ist aber ebenso kurz und komfortabel. Wenn man diesem in Bildern, Fernsehmeldungen und Interviews gefassten Bericht Glauben schenkt, war 2016 für Marchtrenk ein gutes Jahr. Einen wichtigen Platz in diesem Rückblick nimmt, nicht nur als Hintergrund zahlreicher festlicher Ereignisse, der vom Welser Architekturbüro Luger & Maul geplante Neubau des Veranstaltungszentrums ein.

Genau genommen ist es der Neubau zweier Anlagen, den das Büro Luger & Maul schon im Jahr 2009 im Rahmen eines Architektenwettbewerbes entwickelt hat: der dem Land Oberösterreich zuzuordnenden Musikschule Marchtrenk und des Kulturzentrums der Gemeinde. In der seither über uns hereingebrochenen und nach wie vor nicht überwundenen Ära der leeren Kassen schien die Realisierung des Projekts zunächst unmöglich. Um den immer drängender werdenden Raumbedarf der Musikschule zu decken, wurde sogar über die Errichtung eines halbierten, mit Feuermauern provisorisch abgeschlossenen Gebäudes nachgedacht.

Glücklicherweise setzten sich Vernunft und Optimismus durch, sodass die im Projekt angelegte gegenseitige Ergänzung und Stärkung der beiden Kultureinrichtungen heuer gebaute Wirklichkeit werden konnten. Die Notwendigkeit zu eiserner Budgetdisziplin aber hat das Büro Luger & Maul in eine Vielzahl von Maßnahmen übersetzt, die unter einem Motto zusammengefasst werden könnten: sparen, wo es möglich ist, doch keinesfalls zulasten der Baukultur. Diese Grenzen des Gerade-noch-Möglichen auszuloten ist ein spannendes Unterfangen für ein Architekturbüro, jedoch nicht unbedingt lohnend. Denn mit disziplinierter Selbstbeschränkung kann man die Fachwelt nicht verblüffen; das Laienpublikum hat auch schon Spektakuläreres erlebt; und viele, viele Stunden sind in Überlegungen investiert, deren Ergebnisse man unter Umständen gar nicht sieht.

Vor diesem Hintergrund ist die rückhaltlose Zufriedenheit der Stadtbevölkerung mit ihrem neuen Veranstaltungszentrum ein schönes Kompliment an die Architekten, das sicher großteils der Funktionstüchtigkeit der Anlage gezollt wird. Der Bauplatz des neuen Veranstaltungszentrums liegt unweit des Kerns von Marchtrenk, sofern man diesen in der Gegend des Stadtamtes oder der katholischen Pfarrkirche verortet. Der Neubau teilt sich ein Grundstück mit seinem Vorgänger, dem Volkshaus Marchtrenk. Dieses Mahnmal seiner Entstehungszeit sollte eigentlich längst abgebrochen sein; als von den Vereinen Marchtrenks hochgeschätztes, da unverwüstliches Gehäuse von Aktivitäten aller Art wird es aber wohl noch eine Weile zwischen dem neuen Veranstaltungszentrum und der Hauptschule auf der Südseite der Goethestraße stehen. Den Auftritt des Neubaus schränkt dieser Umstand kaum ein: Das Büro Luger & Maul hat die beiden Nutzungsbereiche in einem zweigeschoßigen Baukörper organisiert, der mit seinem Volumen und dem annähernd quadratischen, um einen Innenhof gruppierten Grundriss das Motiv des für den Landstrich typischen Vierkanthofes aufgreift. Die Musikschule und das Kulturzentrum haben jeweils einen eigenen Haupteingang, die beide in einer von schlanken Stützen getragenen Loggia liegen. Die Loggia erstreckt sich über die gesamte Ost- und Südseite des Gebäudes und sichert insbesondere dem Veranstaltungsbereich durch das Verschwenken der Fassade ein vom geplanten Abbruch des Volkshauses unabhängiges, großzügiges Vorfeld und eine klar herausgearbeitete Eingangssituation.

Die Anlage ist augenscheinlich einfach, mit einer hohen Dichte an Überlegungen für das reibungslose Ineinandergreifen der verschiedenen Funktionen entwickelt. Die gesamte Westseite des Gebäudes wird vom großen, über zwei Geschoße reichenden Veranstaltungssaal mit dem vorgeschalteten Foyer eingenommen. An der Südseite liegt, ebenfalls zweigeschoßig und vom Foyer aus erreichbar, ein kleinerer Saal, der von der Schrägstellung der Fassade in diesem Bereich akustisch profitiert. Direkt gegenüber öffnet sich der daran grenzende Erschließungsgang zum dritten großen Volumen des Hauses, dem Innenhof. Sein gekiester Boden senkt sich leicht nach Süden hin; von Bäumen beschattete Sitzstufen, ein Podest auf der einen und ein Balkon auf der anderen Stirnseite laden zu Aufführungen im Freien ein. Die Bühnen der beiden Säle liegen, über kurze Rampen erschlossen, auf einer Ebene, was den Transport schwerer Instrumente beträchtlich erleichtert. Im nördlichen und im östlichen Trakt des Gebäudes sind Unterrichtsräume angeordnet; die beiden Längsseiten des Hofes werden ebenfalls von Unterrichts- und Nebenräumen gesäumt. Musikschule und Kulturzentrum können voneinander getrennt und die Säle von beiden Einrichtungen bespielt werden.

Den auf umfassende Alltagstauglichkeit zielenden Raumfolgen des Veranstaltungszentrums entspricht ein Gestaltungskonzept, das ebenfalls recht alltäglich daherkommt mit den weiß verputzten Wänden, grauen Keramikböden und nüchternen Stabgeländern. Dennoch sind Beispiele nachlässig hingeworfenen billigen Bauens mit dieser sparsamen Architektur nicht vergleichbar. Hier wurde alles weggelassen, was nicht nötig gewesen wäre. Notwendig waren: klare Wegführung und Orientierung im Haus; Zonen für Ruhe und für Bewegung; gut proportionierte, von Tageslicht erhellte, akustisch einwandfrei funktionierende Räume; flächenbündige Türen aus geweißter Eiche; Eichenböden; putzbündig verlegte Sockelleisten und Fensterbänke; der in Eichenholz gefasste kleine Saal; der mit Kiefer, dem typischen Gehölz der Welser Heide, akustisch wirksam verkleidete große Saal; der breite Blick ins Freie aus beiden Sälen; die Stiege zur Galerie im gläsernen Erker; die sorgsame Komposition der Körper und Fassaden; die mit ihrer Metall-Ummantelung in den Himmel gespiegelte Haustechnik; der fein geglättete Außenputz; die zarten Stützen auf flächenbündigen Edelstahlsockeln; der filigrane Rand des Daches.

Kurzum: ein wahrhaft kultiviertes Haus, intelligent und sorgfältig gearbeitet, das den kulturellen Anspruch der Stadt mit anmutiger Selbstverständlichkeit auf eine neue Ebene hebt, ohne sein Umfeld zu beschämen.

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