Bauwerk

Domcenter Linz
Peter Haimerl, Clemens Bauder - Linz (A) - 2024
Domcenter Linz, Foto: Gregor Graf
Domcenter Linz, Foto: Gregor Graf
8. August 2024 - afo
Der neogotische Mariendom in Linz ist eines der größten und bedeutendsten Kirchenbauwerke Österreichs. Er wurde zwischen 1862 und 1924 errichtet. Nach der umfassenden Außenraumerneuerung mit großem Platz (2009) und der Umgestaltung des Altarraums (2017) wurde nun, pünktlich zum hundertjährigen Weihejubiläum, mit dem neuen Domcenter eine weitere architektonische Ergänzung realisiert. Als barrierefreier Eingang an der Ostseite der Kathedrale angedockt, wurden die kirchlichen Bereiche im engeren Sinn um einen weltlichen Servicebereich erweitert. Der lichte, freundliche Raum erinnert an Foyers von Konzertsälen oder Museen. Hier finden die Besucher:innen eine „Rezeption“ und ein einladendes Café, von hier aus gelangen sie in die linke Turmkapelle zum architektonisch korrekten Kircheneingang, hier starten auch die Domführungen mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten. Gleichzeitig wird der Platz an seiner bisher unattraktivsten Stelle aktiviert und als neuer Anziehungspunkt definiert.

Die Architektur des Domcenters knüpft formal an die Tradition leichter Zeltdächer an. Sie besteht aus drei Baldachinen, die wie von der Fassade des Domes abgehängt wirken. Ihre Form erinnert an umgekehrte Gewölbekonstruktionen und wirkt damit sehr leicht. Entsprechend der steinernen Hülle des Domes wurde eine technologisch höchst anspruchsvolle, frei geformte Betonkonstruktion gewählt. Diese ermöglicht eine schlanke Profilierung. Aus denkmalpflegerischen Gründen durfte der Anbau an keiner Stelle konstruktiv mit dem Dom verbunden werden, weshalb die drei Schalenkonstruktionen auf jeweils einer Stütze stehen. Die Schalen ragen vor der Fassade nach oben und nähern sich dabei der Fassade des Domes, ohne diesen zu berühren. Die Baldachinstützen übernehmen lediglich Zugfunktionen, um ein Kippen zum Dom hin zu verhindern. Die Konstruktion der Baldachine besteht aus einer Doppelschale: Die untere, tragende Schale ist dreidimensional gekrümmt, um im Inneren eine weiche, angenehme Atmosphäre zu schaffen. Die obere, auf einer Zwischendämmung aufgelegte Schale ist nur zweidimensional gebogen und entspricht somit der Umkehrung der Spitzgewölbe in den Seitenschiffen des historischen Domes.

Der Innenraum des Domcenters mit seinem Café, Info- und Shop-Point wird durch einen langen Tresen definiert, der die Besucher:innen zu den verschiedenen Funktionen leitet. Das Domcenter kann auch als Versammlungsraum und Treffpunkt für kirchliche und nichtkirchliche Veranstaltungen genutzt werden. Der gesamte neue Raumbereich unter dem auskragenden Baldachindach und der ehemalige Ausspracheraum sind unterkellert. Dort sind ein Technikraum, Toiletten, Spinde und Lagerflächen untergebracht. Diese Räume werden durch eine Treppe und einen Lift erschlossen. Der Lift verbindet barrierefrei alle drei Ebenen — Kirchenebene, Platzebene und Keller — und ermöglicht ein Zuschalten von verschiedenen Aktivitäten im und um den Dom.

Im Kirchenraum selbst werden einzelne Kunstwerke durch multimediale Angebote präsentiert. In der linken Turmkapelle sind einige besonders wertvolle Objekte des Domschatzes ausgestellt. Entlang einer zweigeschossigen, begehbaren Ausstellungsarchitektur werden diese wertvollen Kunstgegenstände in analoger und digitaler Form präsentiert. Eine interaktive Vitrine und ein integrierter Lift, der die Besucher:innen auf die Fensterebene der ehemaligen Kapelle hebt, bieten neue Einblicke in historische kirchliche Kunst. Den Grundriss des Ausstellungsturms bildet eine Platte in Form des Einsteinmusters. Die Grundform des „Einsteins“ kann lückenlos ohne starre Wiederholungen zusammengefügt werden. Dieses Motiv findet sich in allen Ausstellungsvitrinen innerhalb des Mariendoms und auch im neuen Domcenter wieder. (Text: Architekt:innen, bearbeitet)

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Für den Beitrag verantwortlich: afo architekturforum oberösterreich

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