Bauwerk

Kongreßhaus
Gerhard Garstenauer - Bad Gastein (A) - 1974
13. Februar 2002 - Initiative Architektur
Badgastein ist ein einzigartiges „Wolkenkratzerdorf in der Bergen“. Ehrwürdige historistische Gründerzeit-Palazzi, stecken mit ihren mächtigen Sockelgeschoßen in den steilen Hängen des Tales. Vielen bedeutet indes das 1974 fertiggestellte, kühn aufgeständerte, horizontal geschichtete, seine Funktionalität demonstrierende Kongreßzentrum eine Provokation. Friedrich Achleitner hingegen verwies darauf, dass die „Dramatik“ der Substruktion durch Hochführung von wenigen Punkten des Felshanges – die Fundierung sollte die Thermalquellen nicht gefährden – als traditionelles Element der „großstädtischen Architektur“ Badgasteins gesehen werden kann.

Die Aufbruchstimmung im Tourismus, welche die Täler der Alpenrepublik ab den sechziger Jahren in steigendem Maße überschwemmte, fand mit dem Kongreßzentrum eine der wenigen architektonisch anspruchsvollen
Realisierungen. Garstenauers konstruktivistisch-strukturelle Lösung spiegelt technische Innovation, Machbarkeit und Fortschritt wider, setzte ein Zeichen der Erneuerung in einem ins Abseits geratenen Kurorte von ehemaliger Weltgeltung.

Das Kongreßzentrum befindet sich unweit des berühmten Wasserfalls direkt in Badgasteins Mitte. Anstelle der ehemaligen Enge des Zentrums als verschattete Straße brachte die stadträumlich großzügige Lösung, Besonnung
und Öffnung zum Tal. Dies wurde durch eine Platzbildung mit Lokalen zur Straße hin und die begehbaren, ringsumlaufenden Dachterrassen erreicht. Für Garstenauer bedeutete die Horizontale des Bauwerks „sichtbaren Ausdruck als Ort der Begegnung“.

Das Kongresszentrum wurde im Baukastensystem aus Stahlbetonfertigteilen über einer Stützenebene in Ortbeton konzipiert. Zwar hat sich - im Inneren mit dem Mehrzwecksaal als Herzstück - noch ein Teil der originalen Ausstattung erhalten, das Äußere aber wurde rustikal verhüttelt. Die neue Straßengestaltung konterkariert Garstenauers Idee des großzügigen Platzes. Seit den neunziger Jahren werden Umbaupläne gewälzt, während sich das Denkmalamt nicht entschließen kann, dieses seltene Beispiel einer umgesetzten städtischen Vision der sechziger Jahre unter Denkmalschutz zu stellen. (Text: Norbert Mayr)

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